Polarlichtjahr 2000
von Mark Vornhusen

Das Jahr 2000 scheint ein gutes Polarlichtjahr zu werden. Bis zum August wurden schon drei Polarlichter in unseren Breiten beobachtet.

Das erste und wohl spaktakulärste Polarlicht des Jahres trat in der Nacht vom 6. auf den 7. April auf. Die Bedingungen waren optimal, da kaum eine Wolke den Himmel trübte und der Mond auch nicht störte. Zusätzlich sorgte eine Konstellation des Mondes mit Jupiter, Saturn und Mars dafür, daß an diesem Abend zahlreiche Sternfreunde ihren Blick gen Himmel gerichtet hatten. Noch vor Monduntergang wurde das Polarlicht als leicht rötliche Himmelsaufhellung sichtbar. Die Beobachtungen unterscheiden sich je nach Standort. In Süddeutschland dominierte eine rote Farbe, im Norden wurden dagegen auch helle grüne und gelbe Strahlen beobachtet. Gegen 23.00 Uhr gab es einen ersten Höhepunkt. Ab etwa 24.00 Uhr verschwand dann das Polarlicht fast vollständig. Viele dachten es sei damit vorbei und legten sich schlafen. Um etwa 0.45 MESZ ging es dann aber erneut los. Zwischen 1.00 Uhr und kurz vor 3.00 Uhr MESZ konnten selbst noch in Niederbayern helle rote Strahlen beobachtet werden, die vom Horizont senkrecht emporstiegen. Zeitweise bildete sich eine Korona von Strahlen aus, die sich beim Stern Arktur (Bootes) in Zenitnähe trafen. Kurz nach 3.00 Uhr war dann nichts mehr zu sehen. Dieses Polarlicht kam recht überraschend. Vorwarnungen gab es nicht. Die erdmagnetische Kennziffer (Kp) erreichte einen Wert von 8+ auf der neunstufigen Skala. Die Medien berichteten in den Tagen danach ausführlich über das Polarlicht. Es hatte vor allem wegen diverser UFO-Meldungen und besorgten Anrufen bei Polizei und Feuerwehr für Aufsehen in der breiten Bevölkerung gesort.

In der Folgezeit brach dann ein regelrechtes Polarlichtfieber aus. In diversen Fernseh-Wetterberichten wurden immer wieder Polarlichter vorhergesagt, obwohl dafür eigentlich kein Anlaß bestand. Am 14. Juli gab es um 12.24 MESZ dann einen X-Class Flare der Stärke 5. Dies war der bislang heftigste Flare im 23. Sonnenzyklus. Sehr energiereiche Protonen trafen fast mit Lichtgeschwindigkeit auf der Erde ein. Dabei wurden mehrere Satelliten beeinträchtigt und haben erst nach Tagen wieder einwandfrei funktioniert. Verbunden mit diesem Flare war ein gewaltiger Massenauswurf, der vom SOHO Satelliten beobachtet werden konnte. Die Auswurfgeschwindigkeit war so hoch, daß bereits für die Nacht vom 15. auf den 16. Juli mit dem Eintreffen der Schockfront gerechnet wurde. Sonst dauerte es meist etwa zwei Tage, bis ein Massenauswurf auf der Erde eintrifft und für Polarlichter sorgen kann. Alle Anzeichen standen auf Sturm. Die Polarlichtwarnungen überschlugen sich. Die Schockfront traf dann bereits am Nachmittag des 15. Juli mit einer Geschwindigkeit von 1000 km/s auf der Erde ein. Am Abend ging der Kp-Index dann auf 9, also die höchste Stufe. Leider spielte das Wetter diesmal nicht so gut mit. In Deutschland gab es fast überall Wolken, aber auch verstreut einige größere Lücken. Erinnerungen an die Sonnenfinsternis 1999 wurden wach, als sich viele mit dem Auto auf die Suche nach einer Wolkenlücke begaben. Zudem war fast Vollmond und dazu kamen noch, daß es im Sommer vor allem in Norddeutschland nachts nicht richtig dunkel wird. Ungünstiger können die Bedingungen zur Beobachtung von Polarlichter kaum sein. Dennoch gab es ab etwa 22.45 MESZ die ersten Nordlichtsichtungen. Kurz vor Mitternacht nahm die Aktivität dann zu. Helle Polarlichter konnte etwa in der Zeit von 00.00 Uhr bis 1.00 MESZ gesehen werden. In Norddeutschland war eine Polarlichtkorona zu sehen. Zeitweise traten typische Polarlicht-Vorhänge auf. Die Farben waren diesmal eher pastellartig. Zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr MESZ lebte die Aktivität dann wieder auf. Selbst in Norditalien wurde das Polarlicht zu dieser Zeit noch gesichtet.

Ein weiteres, wesentlich schwächeres Polarlicht trat in der Nacht vom 26. zum 26. Juli auf. Es liegt davon nur eine einzige Beobachtung vor, die in Kiel gemacht wurde. Kurz vor 1.00 Uhr MESZ wurde eine Aufhellung am Nordhorizont sichtbar, worauf sich dann zwei lange Strahlen hoch in den Himmel erhoben. Der Kp-Index lag zu dieser Zeit lediglich bei 4. Dies war weltweit die einzige Polarlichtsichtung in der Nacht, da im Sommer wegen den hellen Nächten ganz im Norden keine Polarlichter gesehen werden können. Deutschland liegt im Sommer eigentlich ideal für Polarlichter, da es im Norden zu hell ist und weit im Süden kaum Polarlichter auftreten. Sichtungen in dieser Zeit sind daher wissenschaftlich besonders wertvoll.

Die Vorhersagemöglichkeit von Polarlichtern hat sich gegenüber dem letzten Aktivitätsmaximum 1989 durch das Internet geradezu revolutioniert. So blieb den meisten früher nichts anderes übrig, als jeden Abend auf gut Glück den Himmel nach Polarlichtern abzusuchen. Heute sind Informationen über Massenauswürfe auf der Sonne für jedermann innerhalb von Stunden zugänglich. Polarlichtwarnungen kann man sich per E-Mail kostenlos zuschicken lassen oder sogar per SMS auf das Handy umleiten. Die Stärke des Sonnenwindes läßt sich nahezu in Echtzeit im Internet verfolgen. Das Polarlicht am 15. / 16. Juli dürfte das am besten vorhergesagte Polarlicht aller Zeiten gewesen sein, zumindest, wenn man auf die Verbreitung der Vorhersagen abstellt. So war es möglich die Beobachtung dieses Polarlichts regelrecht zu planen. Bleibt zu hoffen, daß im Jahr 2000 und auch im folgenden Jahr zahlreiche weitere Polarlichter bei uns zu sehen sind.

6. / 7. April 2000 Kp-Werte
15. / 16. Juli 2000

 Bilder von dem Polarlicht: 15. Juli / 16. Juli
Kp-Werte
26./27. Juli 2000

Schwaches Polarlicht in Kiel beobachtet
Kp-Werte
17./18. September 2000

Zeitweise sehr helles Polarlicht. Sichtbar von etwa 1.00 Uhr bis 2.40 MESZ. Gegen 2 Uhr größte Intensität. Wegen dichter Wolken gibt es leider kaum Beobachtungen aus Deutschland. Von Greifswald aus konnte es auch fotografiert werden.
Kp-Werte
6. November 2000

An diesem Montag Abend gab es in praktisch ganz Deutschland Polarlicht zu sehen. Vielerorts wurde die Beobachtung allerdings durch dichte Wolken unmöglich gemacht. Der Höhepunkt war offenbar in der Zeit von etwa 19.10 bis 19.40 MEZ. Es gibt zahlreiche Sichtungen. Zum Beispiel:
  • Laufen ca. 19.10-19.25 MEZ (rotes Leuchten in Ursa Major)
  • Essen 19:15-19.45 MEZ (grünliche Flächen, Strahlen, dann rötlich)
  • Aachen: 19.20-19.30 MEZ (rötliches Leuchten zwischen Wolkenlücken)
  • Nottuln, westl. Münsterland: 19.15 MEZ (rötlich)
  • Bergisches Land: ca. 19.20 MEZ (roter Fleck in Ursa Major)
  • Hunsrück
    • ca. 21:40 - 21:50 MEZ (grünes Glühen bzw. grüner Polarlichtbogen unter Ursa Major)
    • ca. 22:35 - 22:50 MEZ (grüner Polarlichtbogen und rote Vorhänge in Ursa Major)
  • Worms 21.40 MEZ (unsicher)
  • Münsterland 22.40-22.45 MESZ (rotes Polarlicht in Ursa Major)
  Bilder vom Polarlicht
Kp-Werte
26./27. November 2000

Sehr lichtschwaches rotes Polarlicht. Eine visuelle Beobachtung und Fotos gibt es aus Terschelling (Niederlande). In der Nähe von Sulingen konnte es ebenfalls fotografiert werden (21.50 MEZ), wurde aber erst nachträglich auf den Fotos entdeckt. Da es sich um rotes (also sehr hochreichendes) Polarlicht gehandelt hat, wäre es sicherlich auch noch in Süddeutschland unter idealen Bedingungen zu sehen gewesen. Das menschliche Auge ist für rotes Licht nicht sehr empfindlich, Filme dagegen um so mehr. Daher sollte man bei "Polarlicht-Verdacht" auch Fotos vom Nordhimmel machen, wenn man kein Polarlicht sieht.

Foto des Polarlichts von Michael Theusner
Kp-Werte