Polare Stratosphärische Wolken (PSC - Polar Stratospheric Clouds) treten in der Stratosphäre in einer Höhe zwischen 20 und 30 km auf. Die Voraussetzung für die Entstehung von PSC sind sehr geringe Temperaturen, weshalb sich ihr Vorkommen auf die Wintermonate und im wesentlichen auf Skandinavien, Schottland, Alaska oder die Antarktis beschränkt.
Es werden allgemein zwei Haupttypen von Polaren Stratosphärischen
Wolken unterschieden:
Typ 2: Perlmutterwolken
PSC's des Typs 2 bestehen aus reinen Wasser-Eiskristallen. Sie bilden
sich bei tieferen Temperaturen, nämlich bei -85°C bis -90°C
und weniger (188 K in 25 km Höhe). Ihre Teilchengröße ist
ungefähr 10 µm. Die Eiskristalle sind daher so schwer, daß diese PSC dazu neigen, in die Troposphäre abzusinken.
Die eh schon sehr wasserarme Stratosphäre wird so über den Polen
weiter dehydriert. Dieser PSC-Typ, auch Perlmutterwolken genannt, haben
ein meist linsenförmiges Aussehen und treten nur kleinräumig
auf.
Als Perlmutterwolken beschreibt man ein meist pastellfarbenes
Irisieren an kleinsten Eiskristallen linsenförmiger Wolken in 20 bis
30 km Höhe. Ihre beste Sichtbarkeit erreichen sie kurz vor Sonnenuntergang
bzw. kurz nach Sonnenaufgang in 10 bis 20° Entfernung von der Sonne.
Allerdings können sie auch noch bis 2 Stunden nach Sonnenuntergang
beobachtet werden, was darauf hindeutet, daß sie sich in großer
Höhe befinden. Sie entstehen, wenn eine Luftströmung ein Hindernis,
etwa ein Gebirge überströmt. Dadurch beginnt die Luftströmung
zu schwingen und auf der windabgewandten Seite bilden sich bei stabiler
atmosphärischer Schichtung stehende Wellen aus. In diesen Leewellen
strömt die Luft mehrmals abwechselnd nach oben und nach unten. In
den Teilstücken mit Aufwärtsbewegung dehnt sich die Luft aus
und kühlt sich dabei ab. Dadurch kann Wasserdampf kondensieren und
es bilden sich Wolken. In den nördlichen Breiten reicht die Wellenbildung
aufgrund der extrem stabilen atmosphärischen Schichtung bis in die
obersten Schichten der Atmosphäre. Da die Temperaturen dort aber nur
selten so tief fallen, entstehen nur hin und wieder Perlmutterwolken. In
der Arktis und Antarktis sind sie nach neueren Kenntnissen im Winter hingegen
häufiger als bisher angenommen.
Es wird vermutet, daß Staub in der Stratosphäre die Bildung
von Perlmutterwolken begünstigt, da sich kleine Staubpartikel gut
als Sublimationskerne von Wassermolekülen eignen. In Skandinavien
können Perlmutterwolken in fast jedem Winter beobachtet werden. Die
finnischen Beobachter können dank des westwindabfangenden Skandinavischen
Gebirges immerhin auf über 50 Erscheinungen in 12 Jahren zurückblicken.
Ob Perlmutterwolken auch in Deutschland möglich sind, darüber
konnte man bisher nur spekulieren. Die theoretischen Bedingungen sind im
Winter mitunter auch in unseren Breiten gegeben, vor allem im Norden Deutschlands,
wo das Klima der höheren Luftschichten noch durch das skandinavische
Gebirge beeinflußt wird. Jedoch gibt es kaum Beobachtungsberichte
aus Deutschland. Auch aus der Literatur ist nur ein derartiger Fall bekannt.
Es wurde in den deutschen "Astronomischen Nachrichten" von 1910 darüber
berichtet, daß am 19.05.1910, kurz nach Komet Halleys Vorbeiflug
solche Wolken beobachtet worden sind. Über weitere Literaturhinweise
wären wir sehr dankbar.
Am 1.12.1999 beobachtete Heino Bardenhagen in Helvesiek kurz nach Sonnenaufgang
einen Himmel, der den Eindruck einer welligen Wasseroberfläche macht,
die matt das Sonnenlicht reflektiert. Dabei schien der Teich“ auf dem
Kopf stehend. Bei dieser Beobachtung handelt es sich vermutlich um andere
Stratosphärenwolken. Bereits bei 75°C kann z.B. Salpetersäure
(HNO3), die in geringen Mengen in der Atmosphäre enthalten ist, kondensieren.
Daraus bilden sich sehr dünne, faserig aussehende und oft über
Tausende Kilometer ausgedehnte Wolkenfelder. Da in der entsprechenden Nacht
über einem großen Gebiet von Mittelskandinavien bis nach Norddeutschland
derartige, ähnlich aussehende Wolken beobachtet wurden, könnte
es sich bei diesen Beobachtungen auch um die sogenannten Nitric Acid
Trihydrate - Wolken (NAT) handeln. Die Institute für Umweltphysik
der Universitäten Heidelberg und Bremen und das Norwegische Institut
für Luftforschung informierten in ihrem Ozonbulletin für den
entsprechenden Zeitraum über folgendes: Während im letzten Winter
die Stratosphäre vergleichsweise warm war und eine sehr geringe Chloraktivierung
gemessen werden konnte, kühlte sich Ende 1999 die Stratosphäre
rasch ab, so daß ab Mitte Dezember die Entstehung von großflächigen
polaren stratosphären Wolken möglich wurde. Von verschiedenen
Bodenstationen sind polare stratosphärische Wolken bereits zahlreich
beobachtet worden. Die meteorologischen Temperaturanalysen vom Januar 2000
zeigen, daß in 20 km Höhe die Flächen mit kalten Temperaturen
unterhalb von 195 K (-78°C) in der Nordhemisphäre noch nie so
groß waren, wie in diesem Jahr.
Das Vorkommen dieser tiefen Temperaturen hängt mit den extremen
Bedingungen der Polargebiete zusammen, weil die Luftmassen über den
Polen im Winter von den sonstigen globalen Luftströmungen völlig
isoliert sind. Sobald die Sonne im Spätherbst für einige Monate
hinter
dem Horizont verschwindet, bildet sich rund um den Pol eine intensive Westströmung
aus, der sog. Polwirbel. Dieser Polwirbel bildet eine ringförmige
Strömung und behindert den Luftaustausch mit der restlichen Atmosphäre.
Erst dadurch können die Stratosphärentemperaturen in diesem Bereich
auf so tiefe Werte fallen. Die Polwirbel sind besonders in der Antarktis
ausgebildet, was mit den großen Landmassen am Südpol zusammenhängt.
Die Wirbel über der Arktis und die damit verbundenen Vorgänge
sind generell weniger stark ausgeprägt.
Es wurde vorhergesagt, daß es in den folgenden Monaten ein Rekord-Ozonverlust
über den Polen geben wird, denn nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
spielen Stratosphärenwolken beim Ozonabbau eine große Rolle.
Unter normalen Bedingungen ist nämlich das Chlor, das aus freigesetzten
FCKW stammt, glücklicherweise zum größten Teil in den sog.
Chlorreservoiren gebunden. Das sind Stoffe, die zwar Chloratome enthalten,
aber nicht zum Ozonabbau beitragen. Die wichtigsten Chlorreservoire sind
Salzsäure (CHI) und Chlornitrat (ClONO2). Salzsäure entsteht
aus der Reaktion von Chlor (Cl) mit Methan (CH4). Chlornitrat bildet sich
aus Chlormonoxid (ClO) und Stickstoffdioxid (NO2). Ohne diese beiden Substanzen,
die fast das gesamte Chlor in der Atmosphäre binden, würde in
der Atmosphäre weit mehr Ozon abgebaut, als dies tatsächlich
der Fall ist. Das Ozonloch entsteht also nach heutigem Wissen deswegen,
weil unter den speziellen Bedingungen der Polgebiete im Winter Chlor aus
den Reservoiren freigesetzt wird. An den Oberflächen der Eiskristalle
der Wolken finden nämlich ganz andere chemische Umsetzungen statt,
als in der Luft. Hier können die beiden Reservoirstoffe Salzsäure
und Chlornitrat miteinander reagieren und dabei werden Chlormoleküle
und Salpetersäure freigesetzt. Die Chlormoleküle bleiben im Winter
zunächst unverändert in der Atmosphärenluft und tragen auch
noch nicht zum Ozonabbau bei. Die Salpetersäure wird in den Eiskristallen
der Wolken gebunden und verursachen somit die oben beschriebenen NAT-Wolken.
Solange das Chlor in Form von Molekülen vorliegt, kommt es zu
keinem Ozonabbau. Sowie jedoch im arktischen Frühling die Sonne aufgeht,
werden die Chlormoleküle durch UV-Strahlung (Lambda <450nm) dissoziirt,
d.h. in reaktionsfreudige Chloratome aufgespalten. Dadurch werden innerhalb
kürzester Zeit riesige Mengen an Chloratomen freigesetzt und es beginnt
ein lawinenartiger Ozonabbau, der schließlich zur Bildung des arktischen
Ozonlochs führt.
Die Beobachtung von NAT-Wolken läßt also viele Rückschlüsse
auf die chemischen Vorgänge in der oberen Atmosphäre zu. Im Fall
der vorliegenden Beobachtung sind die Stratosphäreneigenschaften ziemlich
gut dokumentiert und es sind auch einige weitere Beobachtung ähnlicher
Wolkenformationen von diesem Morgen und der Nacht zuvor aus Skandinavien
bekannt. Insofern ist es nicht unwahrscheinlich, daß es sich wirklich
um eine erste fotografische Dokumentation von NAT-Wolken in unseren Breiten
gehandelt haben könnte.
Text: Claudia Hinz
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