An diesem Tag erstreckte sich von Ostbayern bis nach Sachsen ein Cirrengebiet mit pyramidalförmigen Eiskristallen, so daß von 5 Beobachtern Ringe mit ungewöhnlichen Radien gesichtet werden konnten. In Oberbayern (Claudia Hinz, Brannenburg/Wendelstein), Eggenfelden (Mark Vornhusen) und Oberösterreich (Karl Kaiser) zeigte sich ein nahezu identisches Bild mit 9�-Ring, den 9�-Berührungsbögen, dem 18�-Ring nebst Lateralbögen und dem 24�-Ring. Der 23�-Ring ist eventuell noch ansatzweise in den Sektoren c-d-e und g-h-a sichtbar gewesen sein. Auf dem Wendelstein war zusätzlich noch der 46�-Ring in den Segtoren b-c-d und Teile des Horizontalkreises zu sehen. Wolfgang Hinz und Michael Dachsel konnten in Chemnitz durch Wolkenlücken den 9�-Ring mit oberen und unteren Berührungsbogen sowie die 18�-Lateralbögen ausmachen.
Die Wettersituation für diesen Tag läßt sich schwer analysieren. Durch eine Südwetterlage hatte sich subtropische Meeresluft durchgesetzt. Die Beobachtungsgebiete der Pyramidalhalos befanden sich auf der Rückseite dieser Warmfront. Aber auch Föhneffekte spielten an diesem Tag sicherlich eine große Rolle.
In Baden-Würtemberg war von den seltenen Ringen nichts mehr zu sehen,
dafür zeigten sich hier 22�-Ring und Nebensonnen über 7 Stunden
lang!
Kurz nach 10 Uhr, die Zahnradbahn in Brannenburg setzt sich langsam in Bewegung um die ca. 1200 Höhenmeter auf den Wendelstein zu erklimmen. Ich freue mich auf meinen Dienst, denn das Wetter ist schön und am azurblauen Himmel tummeln sich nur ein paar Cirren und vom Föhn linsenförmig geformte Altocumuli. Ein Haloring ist auch schon da. Ich schaue aus dem Fenster. Ein Haloring? Wirklich nur einer? Ich krame in meinem Rucksack nach der Sonnenbrille. Nein, es war keine Halluzination, hell und deutlich ist innerhalb des vermeintlichen 22�-Ringes noch ein weiterer Ring in gleicher Helligkeit (H=2) zu erkennen. Ich halte nach dem 9�-Ring Ausschau, aber schon erreichte die Zahnradbahn den Wald, welcher den Blick auf die Sonne verhindert. Unruhig rutsche ich auf meinem Sitz und her. Franz bitte, fahr schneller!!! Oder laß mich hier raus! Als hätte der Bahnführer meine Gedanken erraten, hält die Bahn, aber mitten im Wald. Ich versuche vergeblich, durch die dichten Bäume hindurch etwas zu erspähen. "Des Weibsbuid iss varrückt, seibst in da Bahn schaut's nach'm Wetter" schallts vom Nachbarsitz. Was soll ich sagen, wie soll ich erklären, daß sich hinter den Bäumen ein Pyramidalhalo versteckt. Ist dies nicht tatsächlich verrückt? Endlich setzt sich die Bahn wieder in Bewegung. Da, eine Lichtung! Und tatsächlich, der 9�-Ring ist auch da, und dazu ein sehr heller oberer 9�-Berührungsbogen. Deshalb so gut zu sehen, da sich die Sonne selbst gerade hinter einem Berg versteckt. Fotografieren unmöglich, denn schon gehts in den nächsten Tunnel.
Die 20 Minuten Bahnfahrt wirken wie Stunden. Und noch immer habe ich keinen ungetrübten Blick auf die Sonne. In Rekordzeit erreiche ich den Fahrstuhl, der allerdings auf dem Weg nach oben überhaupt keine Eile an den Tag legt. Es ist zum Verzweifeln. Murphy ist sicher wieder präsent und wenn ich endlich oben bin, ist kein 18 Grad Ring mehr zu sehen.
Endlich in der Wetterstation angelangt, ein hastiger Blick nach draußen. Der 18�-Ring ist noch da, aber sehr schwach. Ich beobachte die Zugrichtung der Wolken, sie kamen aus Südosten, also aus Richtung Brannenburg. Voller Hoffnung grabe ich aus den Tiefen meines Rucksacks schnell den Fotoapparat heraus und stürme auf den Gipfel hoch. Nicht zu früh, denn da sind sie wieder alle versammelt, ein vollständiger 24�-Ring, seitliche sehr helle 18�-Stücke und ein vollständiger 9�-Ring mit oberen und unteren Berührungsbogen. Murphy hat also verschlafen, was für ein Glück!!!
Später gesellen sich dem turbulenten Treiben am inzwischen vollständig mit Cirren behangenen Himmel noch ein Fragment des 24�-Halos sowie der obere Halbkreis des 46�-Ringes hinzu. Etwas Abwechslung in das über vier (!) Stunden andauernde Pyramidalhalodisplay bringen zudem noch sehr helle und farbige Nebensonnen, ein Horizontalkreis sowie der Zirkumzenitalbogen. Und bevor die Sonne gegen 17.30 Uhr genau hinter der Zugspitze verschwindet, verabschiedet sie sich mit einer eindrucksvollen 22�-langen Lichtsäule.
Zurück blieben eine total gestreßte Halobeobachterin, die zu ihrer eigentlichen Arbeit kaum gekommen ist, ein Zettel mit chaotisch vielen Zahlen und Skizzen (mein Gott, wer soll das nur verschlüsseln) und drei volle Filme.