Teil 1
Die Meteorbeobachtung hat eine lange Tradition in der Amateurastronomie. Es ist eines der wenigen Gebiete, wo Amateure auch heute noch zum wissenschaftlichen Fortschritt in der Astronomie beitragen können. Das liegt zunächst einmal an der Natur der Meteore, die quasi unvorhersagbar sind. Man kann zwar ganz gut abschätzen, wie viele Meteore in einer bestimmten Nacht zu beobachten sein werden, aber wann und wo ein Meteor am Himmel aufleuchtet ist völlig zufällig. Zudem benötigt man Beobachter auf verschiedenen Längen- und Breitengraden um die Meteoraktivität vollständig abzudecken. Beobachtungen von einem einzelnen Ort sind (zumindest im optischen Bereich) auf die Nachtstunden beschränkt. Zudem ist ein Meteorstrom nur dann beobachtbar, wenn sein Radiant über dem Horizont steht. Schließlich gibt es weltweit nur eine verschwindend geringe Zahl an Astronomen, die sich professionell mit Meteoren befassen. Sie können sich oftmals nur mit der Auswertung der Beobachtungen und der Modellierung von Meteorströmen befassen, ohne selbst zu beobachten.
Unter den Amateurastronomen gibt es hunderte von Meteorbeobachtern in einer Vielzahl von Ländern weltweit. Sie können das ganze Jahr über und rund um die Uhr Daten sammeln. Vor fast 15 Jahren wurde die International Meteor Organization (IMO) gegründet. Sie hat Beobachtungsstandards definiert die es ermöglichen, die Beobachtungen verschiedener Beobachter im Rahmen von globalen Meteorstromanalysen zu kombinieren . Seit dieser Zeit sammelt die IMO die Daten der nationalen Meteorbeobachtergruppen und einzelner Beobachter, vermittelt und unterhält Kontakte zu den einzelnen Gruppen und fördert die verschiedenen Beobachtungsmethoden.
Für jemanden der sich noch nicht genauer mit der Meteorbeobachtung befaßt hat mag es verblüffend sein, daß sich die grundlegende Beobachtungsmethode in den letzten hundert Jahren kaum geändert hat. Die Mehrheit aller Daten werden noch immer von visuellen Meteorbeobachtern gesammelt. Dabei wird der Nachthimmel an einem dunklen Beobachtungsort mit den bloßen Augen durchmustert. Die einzelnen Meteore werden entweder nur gezählt (counting) oder in spezielle gnomonische Sternkarten eingetragen (plotting), um sie später genauer zu vermessen. Der Erfolg dieser Beobachtungsmethode rührt nicht nur daher, daß keinerlei technisches Gerät oder spezielle Voraussetzungen erforderlich sind, sondern auch von den Eigenschaften des menschlichen Auges, das ein sehr effektiver Meteordetektor ist. Wir können ein großes Gesichtsfeld bei gleichzeitig guter Grenzgröße überwachen. Andere Beobachtungsmethoden haben (noch) nicht diese Bedeutung erlangt. Die Meteorphotographie, zum Beispiel, kann nur die hellsten Meteore erfassen. Mit einem lichtstarken Objektiv und empfindlichen Film erreicht man nur Meteore der Helligkeit 0 oder +1 mag, und selbst die großen Super-Schmidt-Kameras der Fünfziger Jahre konnten nur Meteore bis zur dritten Größenklasse aufzeichnen. Das sind noch immer drei Größenklassen weniger als das menschliche Auge bei deutlich größerem Gesichtsfeld leistet!
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die Radarbeobachtung von Meteoren zur ersten Wahl für viele Berufsastronomen geworden. Ein aktives backscatter-Radarsystem, daß die ionisierten Meteorspuren registriert, ist zwar teuer, ermöglicht dafür jedoch automatisierte Beobachtungen Tag und Nacht rund um die Uhr. Zudem registrieren Radars viel schwäche Meteorspuren als visuelle Beobachter und damit auch um Größenordnungen mehr Meteore. Dafür ist es sehr kompliziert, aus den Radardaten die wichtigsten Parameter eines Meteors wie dessen Richtung, Geschwindigkeit und Helligkeit mit großer Präzision zu bestimmen. Bei der Amateur-Variante der Radarbeobachtung, der passiven forward-scatter-Beobachtung ist die Datenauswertung noch komplizierter. Aus diesem Grund sind die Radiometeorbeobachtungen der Amateure auch nur dazu geeignet, daß allgemeine Aktivitätslevel zu überwachen und Ausbrüche zu registrieren.
Die Videobeobachtung ist die jüngste Meteorbeobachtungsmethode. Bildverstärkte Videokameras wurden zum ersten Mal in den sechziger Jahren zur Meteorbeobachtung eingesetzt. Unter den Amateuren waren japanische und holländische Beobachter die ersten, die Videosysteme ab den späten achtziger Jahren einsetzen. Will man es auf den Punkt bringen, dann vereinigt die Videobeobachtung viele Vorteile der anderen Beobachtungsmethoden im optischen Bereich. Dafür ist die Technik auch recht teuer und abhängig vom Strom. Eine Videokameras kann genauso effektiv Meteore registrieren wie ein visueller Beobachter, indem sie ein großes Gesichtsfeld mit guter Grenzgröße überwacht. Zudem ist sie objektiver und nicht anfällig für Beobachtungsfehler. Ein Videosystem kann die Position, Helligkeit und die Winkelgeschwindigkeit eines Meteors mit hoher Präzision bestimmen, ohne dabei müde zu werden oder einzuschlafen. Videosysteme sind auch für Beobachtsorte interessant, die keinen perfekt Nachthimmel aufweisen können, weil sie deutlich weniger anfällig gegen Streulicht sind als ein visueller Beobachter.
Die wichtigste Komponente einer Videometeorkamera ist der Bildverstärker, üblicherweise einer der zweiten oder dritten Generation mit Mikrokanalplatte (MCP). Selbst die besten heutigen CCD-Kameras sind ohne Bildverstärker deutlich unterlegen, da sie unempfindlicher als bildverstärkte Kameras sind und nur die hellsten Meteore aufzeichnen können. Üblicher Weise wird ein lichtstarkes Photoobjektiv vor den Bildverstärker montiert. Die Brennweite des Objektivs bestimmt dabei wesentlich die Eigenschaften der Meteorkamera: Mit einem 50mm-Standardobjektiv (Blende 1.8) erzielt man zum Beispiel ein Gesichtsfeld von etwa 30 Grad Durchmesser bei einer stellaren Grenzgröße von 7 bis 8 Größenklassen. Ein Weitwinkelobjektiv (z.B. 1.8/28 mm) liefert ein größeres Gesichtsfeld (etwa 50 Grad) bei geringerer Grenzgröße (ca. 6 mag), wohingegen ein Teleobjektiv 1.5/100 mm Sterne jenseits der 9. Größe bei einem Gesichtsfeld von nur noch etwa 15 Grad aufzeichnet. Für die Überwachung der allgemeinen Meteorstromaktivität bevorzugt man üblicher Weise ein großes Gesichtsfeld, während für Mehrstationsbeobachtungen der Meteore Teleobjektive bevorzugt werden, die eine größere räumliche Auflösung und Positionsgenauigkeit liefern.
An der Rückseite des Bildverstärkers sitzt eine normale CCD-Videokamera, deren Aufnahmen auf Videokassetten aufgezeichnet werden, um sie später genauer zu analysieren.
Was benötigt man zur automatischen Videometeorbeobachtung?
Eine bildverstärkte Videometeorkamera besteht aus drei Teilen. Am wichtigsten ist der Bildverstärker, der ausreichend Verstärkung (5,000), eine große Photokathode (am besten 25 mm) und möglichst wenig Rauschen und Bildverzeichnung aufweisen sollte. Bildverstärker der zweiten Generation oder höher sind meistens gut geeignet. Manchmal werden gebrauchte militärische Bildverstärker zu vertretbaren Preisen angeboten.
Oftmals wird der Bildverstärker gleich zusammen mit einem lichtstarken Objektiv geliefert, ansonsten kann man auch normale Kleinbild-Photoobjektive verwenden. Die Videokamera zum Aufzeichnen des Bildschirms muß nicht besonders empfindlich sein. Wichtiger ist, daß wirklich der komplette Phosphorschirm des Verstärkers scharf abgebildet wird, was meistens einw Koppeloptik etwas längerer Brennweite erfordert.
In jüngster Zeit erobern neue CCD-Videokameras den Astromarkt, die deutlich empfindlicher als ihre Vorgänger sind. Dank einer höheren Lichtausbeute, dem über einen großen Wellenlängenbereich hochempfindlichen CCD-Chip (z.B. Sony ExView HAD) und der extrem rauscharmen Ausleseelektronik kann man diese Kameras auch ohne Bildverstärker zur Meteorbeobachtung einsetzen. Zwar sind sie einem bildverstärkten System noch immer unterlegen, aber dafür auch deutlich preiswerter, robuster (z.B. unempfindlich gegen Mond und Dämmerung) und von langer Lebensdauer.
Zur automatischen Datenanalyse mit MetRec wird ein PC mit Dos (oder Win95/98) benötigt. Ein Pentium-PC mit 200 MHz und 16 MB RAM ist die untere Grenze, mit 500 MHz und 32 MB RAM ist man bereits auf der sicheren Seite. MetRec unterstützt die Framegrabberfamilie der kanadischen Firma Matrox (http://www.matrox.com) und ist speziell auf den Meteor-II-Framegrabber zugeschnitten, der neu knapp 700 Euro kostet. Die Software kann von der MetRec-Homepage http://www.metrec.org heruntergeladen werden. Amateure können die Software kostenlos nutzen, während professionelle oder kommerzielle Nutzer zunächst eine Registrierungsgebühr bezahlen müssen. Auf Nachfrage wird auch der Quelltext von MetRec zur Verfügung gestellt.
Abbildungen
Abb. 1: Ein Blick in die Kamera Avis (Advanced Video System) des Autors, die seit Frühjahr 1999 in Aachen betrieben wurde. Die Kamera besteht aus einem 25mm Bildverstärker der zweiten Generation, einem Photoobjektiv 2.0/35 mm und einer CCD-Videokamera. Unter guten Umgebungsbedingungen zeichnet die Kamera Objekte bis zur 6. Größe bei einem Gesichtsfeld von 40 Grad auf. Zwischen März 1999 und September 2002 hat diese Kamera allein ca. 18.000 Meteore in 486 Nächten und 2.400 Stunden Beobachtungszeit registriert.
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