Über Wasserflächen werden manchmal zusätzlich zum Haupt- und Nebenregenbogen weitere ungewöhnliche
Regenbögen beobachtet. Dabei handelt es sich um Regenbögen, die durch gespiegeltes Sonnenlicht erzeugt werden.
Zusammen mit dem gewöhnlichen Regenbogen können auf den ersten Blick sehr komplizierte
Regenbogenerscheinungen auftreten, bei denen sich bis zu vier Regenbögen gleichzeitig sichtbar sind und sich
teilweise überschneiden.
Hauptregenbogen und der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts bei verschiedenen Sonnenhöhen. Die Zeichnung
gilt analog auch für den Nebenregenbogen, nur daß dieser einen um etwa 9� größeren Radius hat.
Die Entstehung des zusätzlichen Haupt- und Nebenregenbogens läßt sich leicht erklären: Die Wasserfläche wirkt als
ein großer Spiegel. Das Sonnenspiegelbild befindet sich ebenso weit unterhalb des Horizontes wie der Sonne darüber
steht (Einfallswinkel = Ausfallswinkel). Der Sonnengegenpunkt der gespiegelten Sonne liegt daher oberhalb des
Horizontes. Dieser Punkt, der um den zweifachen Betrag der Sonnenhöhe über dem Sonnengegenpunkt liegt, ist der
Mittelpunkt der beiden Regenbogenkreise des gespiegelten Sonnenlichts. Die zusätzlichen Regenbögen sind daher
gegenüber dem gewöhnlichen Haupt- und Nebenregenbogen um den zweifachen Betrag der Sonnenhöhe nach oben
versetzt.
Mir sind nur etwa eine Handvoll Fotos von solchen Regenbogenerscheinungen aus Büchern bekannt. Meistens ist nur
ein Fragment des "Spiegelbogens" am Fuß des Hauptregenbogens zu sehen. Das Bogenstück auf dem Bild oben
ist im Vergleich dazu schon relativ lang. Bemerkenswert ist auch die große Helligkeit dieses Bogens, die etwa 1/3
von der des Hauptregenbogens beträgt. Das Bild entstand bei einsetzender Ebbe an der Nordseeküste. Offenbar hatten
sich zahlreiche Priele mit glatter Wasseroberfläche gebildet, die das Sonnenlicht gespiegelt haben. Das Foto macht
deutlich, daß der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts durchaus zu einer sehr auffälligen Erscheinung werden
kann.
Voraussetzung für die Entstehung ist eine möglichst ruhige Wasseroberfläche. Schon bei leichten Wellen divergieren
die Sonnenstrahlen zu stark, um noch einen merklichen "Spiegelbogen" zu erzeugen. Daher ist auch bei den meisten
Regenbogenaufnahmen über dem Meer kein zusätzlicher Regenbogen zu sehen. Gute Voraussetzungen finden sich an
Seen bei Windstille. Aber auch die vielen Wasserpfützen, die sich nach einem kräftigen Regenschauer bilden, könnten
ausreichend Licht reflektieren, so daß nicht unbedingt ein See oder Meer in der Nähe sein muß. Vielleicht sollte man
einmal versuchen, gezielt nach diesen ungewöhnlichen Regenbögen Ausschau zu halten. Ein Regenbogen läßt sich oft
schon 15 Minuten bevor er auftritt vorhersagen. Man fährt dann zum nächstgelegenen See und wartet mit
einsatzbereiter Kamera auf den Regenbogen. Der See sollte sich möglichst vor dem Beobachter befinden, wenn er in
Richtung des Regenbogens schaut. Dann ist mit dem zusätzlichen Bogenfragment am Fuße des gewöhnlichen
Regenbogens zu rechnen. Aber auch mit dem See im Rücken können die ungewöhnlichen Regenbögen entstehen. In
diesem Fall sieht man eher den oberen Bereich des "Spiegelbogens".
Mir sind auch einige alte Beobachtungen bekannt, wonach zusätzlich zum gewöhnlichen Regenbogen ein seitlich
versetzter Regenbogen auftrat. Solange es davon keine Fotos gibt, halte ich diese Beobachtungen für sehr fragwürdig.
In diesem Fall müßte die spiegelnde Fläche schräg stehen. Heutzutage mag es durch großflächige spiegelnde
Hausfassaden solche seitlich versetzten Regenbögen geben. Für die Beobachtungen aus dem 19. Jahrhundert und davor
habe ich aber keine Erklärung. Zu denken wäre allenfalls an sehr langgestreckte Wellen auf dem Meer, die eine schiefe
Ebene bilden könnten, oder aber Berghänge, die mit Schnee und Eis bedeckt sind.
Regenbogenerscheinung am 20. Oktober 1879 um 8.25 Uhr in Gareloch (Schottland).
Der Beobachter Hannary sah von seinem Standort aus nur den ersten
seitlichen Bogen (links im Bild). Andere Personen in der Nähe hatten die volle
Erscheinung gesehen, wie sie in der Abbildung wiedergegeben ist.
Von seitlich versetzten Regenbögen sind bisher keine Fotos bekannt.
Aus
Pernter, "Meteorologische Optik", 1. Auflage, 1906. Pernter entnimmt die
Zeichnung aus "Nature" Bd. 21 S.56
Es liegt nahe das Prinzip des "Spiegelbogens" auch auf Haloerscheinungen zu übertragen. Im Winter könnte eine glatte
Eisfläche ausreichend Sonnenlicht spiegeln, um im bodennahen Eisnebel Haloerscheinungen zu erzeugen. Daneben
halte ich es für möglich, daß die Eiskristalle selbst als Spiegel für das Sonnenlicht dienen. Dies wären dann sekundäre
Halos zur Untersonne. Auch wenn ich sonst nicht viel von sekundären Halos halte, z.B. wird versucht die 46�-
Nebensonne als sekundäre Haloerscheinung zur Nebensonne zu erklären, dürfte die Oberseite von Eiskristallen
ausreichend Licht spiegeln, um Haloerscheinungen zu erzeugen. Beobachtungen dieser Art gibt es aber bisher nicht.
Hauptregenbogen mit einem Fragment des gespiegelten Hauptregenbogens �ber einer Wasserfläche.
Nach einer Beobachtung von Tait in St. Andrews (Schottland) am 11. September 1874 um 17:40 Uhr.
Aus Pernter "Meteorologisch Optik", 1. Auflage, 1906. Zuerst veröffentlicht in "Nature"
vom 1. Oktober 1874.
Genaue Betrachtung des Spiegelbogens
Der Spiegelbogen und die Lage der Wasserfl�che
Abb. 1
Wassertropfen, die den Regenbogen aus Sicht des Beobachters bilden,
liegen alle auf einem Kegelmantel mit einem �ffnungswinkel von
84� (2*42�). Abbildung 1 stellt einen Schnitt durch diesen Kegel
dar. Das Auge des Beobachters befindet sich im Punkt a. Die
parallelen Linien sind die Sonnenstrahlen, die von der Wasserfl�che
reflektiert wurden. Die linke Grafik zeigt die Sonnenstrahlen
bei einer Sonnenh�he von 10�; die rechte Grafik f�r eine
Sonnenh�he von 30�. Linie b weist in die Richtung des
Sonnengegenpunktes der gespiegelten Sonne. Es sei angenommen,
da� der Beobachter mit dem R�cken zur Sonne steht und in
Richtung des Regenbogens schaut.
Aus der Abbildung l��t sich erkennen, da� nur Sonnenstrahlen,
die hinter dem Beobachter reflektiert wurden, zur oberen
H�lfte des Spiegelbogens beitragen. Die untere H�lfte wird
dagegen nur von Sonnenlicht erzeugt, da� vor dem Beobachter
gespiegelt wurde. Steht man an einem Strand, l��t sich also
nie ein vollst�ndiger gespiegelter Regenbogen beobachten. Man
sieht entweder die untere H�lfte, wenn sich das Meer in
Richtung des Regenbogens befindet oder die obere H�lfte,
wenn sich die Wasserfl�che in Richtung Sonne befindet. Nur
auf einem Boot, einer kleinen Insel oder anderen Situationen, in
denen man ringsum mit Wasser umgeben ist, kann ein vollst�ndiger
Spiegelbogen gesehen werden.
Die L�nge der Lichtwege und die Helligkeit des Spiegelbogens
Aus Abbildung 1 l��t sich weiter erkennen, da� die Lichtstrahlen,
die den oberen Teil des Spiegelbogens bilden, einen viel l�ngeren
Weg nach der Spiegelung zur�cklegen m�ssen, als Lichtstrahlen,
die den Fu� des Spiegelbogens bilden. Dies hat zur Folge, da�
der Spiegelbogen nach oben hin immer lichtschw�cher wird, weil
Regentropfen und Dunst die Lichtstrahlen abschw�chen. Fotos
von Spiegelb�gen best�tigen diese Lichtabschw�chung. Der
Fu� ist immer der hellste Bereich beim Regenbogen des
gespiegelten Sonnenlichts.
Die Helligkeit des Spiegelbogens und die Sonnenh�he
Abb.2
Die Helligkeit des Spiegelbogens h�ngt sehr stark von der
Sonnenh�he ab. Abbildung 2 zeigt den Anteil des reflektierten
Sonnenlichts auf einer Wasseroberfl�che. Einmal f�r senkrecht
polarisiertes Licht und einmal f�r parallel polarisiertes Licht.
Zus�tzlich ist noch der Mittelwert angegeben, der dem
nat�rlichen, unpolarisierten Sonnenlicht entspricht. Bei tiefem
Sonnenstand wird das Sonnenlicht fast vollst�ndig reflektiert.
Je h�her die Sonne steigt, um so geringer wird der Anteil des
gespiegelten Lichts. Der restliche Lichtanteil wird gebrochen
und tritt in das Wasser ein. Schon bei etwa 20� Sonnenh�he wird
nur noch etwa 1/7 des Sonnenlichts von der Wasserfl�che
reflektiert. Das bedeutet, da� der Spiegelbogen gegen�ber dem
normalen Regenbogen 7-mal lichtschw�cher ist und bei dieser
Sonnenh�he etwa die Helligkeit des Nebenregenbogens besitzt.
Dazu kommt noch die oben erw�hnte Lichtabnahme durch den
l�ngeren Lichtweg gegen�ber Lichtstrahlen, die den Hauptregenbogen
erzeugen. Die rapide Helligkeitsabnahme mit steigender Sonnenh�he
ist der Grund daf�r, warum Spiegelb�gen bisher fast nur bei
tiefem Sonnenstand beobachtet wurden. Dennoch, unter g�nstigen
Bedingungen sollte ein Spiegelbogen auch noch bei einem
Sonnenstand von 30 Grad und mehr zu erkennen sein. Zus�tzlich
spielt auch die Gr��e der Wasserfl�che eine entscheidende Rolle.
Au�erdem verursachen leichte Wellen schon eine gro�e
Helligkeitsabnahme. Diese Faktoren sind hier nicht
ber�cksichtigt.
Anteil des reflektierten Lichts bei verschiedenen Sonennhöhen
Sonnenhöhe |
90-50 |
45 |
40 |
35 |
30 |
25 |
20 |
15 |
10 |
5 |
0 |
Reflektierter Anteil in % |
ca. 2 |
2.8 |
3.3 |
4 |
6 |
9 |
13 |
21 |
35 |
58 |
100 |
Anteil für den besonders interessanten Bereich von 20-1 Grad
Sonnenhöhe |
20 |
19 |
18 |
17 |
16 |
15 |
14 |
13 |
12 |
11 |
10 |
9 |
8 |
7 |
6 |
5 |
4 |
3 |
2 |
1 |
Anteil in % |
13 |
15 |
16 |
17 |
19 |
21 |
23 |
26 |
28 |
31 |
35 |
38 |
43 |
47 |
52 |
58 |
65 |
72 |
80 |
90 |
Simulation zum Ausdrucken:
© AKM e.V.