Der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts
gespiegelter Regenbogen
Sehr seltenes Foto einer abweichenden Regenbogen- erscheinung. Zu sehen ist der gewöhnliche Hauptregenbogen mit einem zusätzlichen Hauptregenbogen, der durch gespiegeltes Sonnenlicht erzeugt wird. Die Aufnahme entstand am 16.08.1999 an der Nordsee.
Foto: © Matthias Zscharnack, Dresden

 
 Theoretische Betrachtung



Über Wasserflächen werden manchmal zusätzlich zum Haupt- und Nebenregenbogen weitere ungewöhnliche Regenbögen beobachtet. Dabei handelt es sich um Regenbögen, die durch gespiegeltes Sonnenlicht erzeugt werden. Zusammen mit dem gewöhnlichen Regenbogen können auf den ersten Blick sehr komplizierte Regenbogenerscheinungen auftreten, bei denen sich bis zu vier Regenbögen gleichzeitig sichtbar sind und sich teilweise überschneiden.

Grafik

Hauptregenbogen und der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts bei verschiedenen Sonnenhöhen. Die Zeichnung gilt analog auch für den Nebenregenbogen, nur daß dieser einen um etwa 9� größeren Radius hat.
Die Entstehung des zusätzlichen Haupt- und Nebenregenbogens läßt sich leicht erklären: Die Wasserfläche wirkt als ein großer Spiegel. Das Sonnenspiegelbild befindet sich ebenso weit unterhalb des Horizontes wie der Sonne darüber steht (Einfallswinkel = Ausfallswinkel). Der Sonnengegenpunkt der gespiegelten Sonne liegt daher oberhalb des Horizontes. Dieser Punkt, der um den zweifachen Betrag der Sonnenhöhe über dem Sonnengegenpunkt liegt, ist der Mittelpunkt der beiden Regenbogenkreise des gespiegelten Sonnenlichts. Die zusätzlichen Regenbögen sind daher gegenüber dem gewöhnlichen Haupt- und Nebenregenbogen um den zweifachen Betrag der Sonnenhöhe nach oben versetzt.

Mir sind nur etwa eine Handvoll Fotos von solchen Regenbogenerscheinungen aus Büchern bekannt. Meistens ist nur ein Fragment des "Spiegelbogens" am Fuß des Hauptregenbogens zu sehen. Das Bogenstück auf dem Bild oben ist im Vergleich dazu schon relativ lang. Bemerkenswert ist auch die große Helligkeit dieses Bogens, die etwa 1/3 von der des Hauptregenbogens beträgt. Das Bild entstand bei einsetzender Ebbe an der Nordseeküste. Offenbar hatten sich zahlreiche Priele mit glatter Wasseroberfläche gebildet, die das Sonnenlicht gespiegelt haben. Das Foto macht deutlich, daß der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts durchaus zu einer sehr auffälligen Erscheinung werden kann.

Voraussetzung für die Entstehung ist eine möglichst ruhige Wasseroberfläche. Schon bei leichten Wellen divergieren die Sonnenstrahlen zu stark, um noch einen merklichen "Spiegelbogen" zu erzeugen. Daher ist auch bei den meisten Regenbogenaufnahmen über dem Meer kein zusätzlicher Regenbogen zu sehen. Gute Voraussetzungen finden sich an Seen bei Windstille. Aber auch die vielen Wasserpfützen, die sich nach einem kräftigen Regenschauer bilden, könnten ausreichend Licht reflektieren, so daß nicht unbedingt ein See oder Meer in der Nähe sein muß. Vielleicht sollte man einmal versuchen, gezielt nach diesen ungewöhnlichen Regenbögen Ausschau zu halten. Ein Regenbogen läßt sich oft schon 15 Minuten bevor er auftritt vorhersagen. Man fährt dann zum nächstgelegenen See und wartet mit einsatzbereiter Kamera auf den Regenbogen. Der See sollte sich möglichst vor dem Beobachter befinden, wenn er in Richtung des Regenbogens schaut. Dann ist mit dem zusätzlichen Bogenfragment am Fuße des gewöhnlichen Regenbogens zu rechnen. Aber auch mit dem See im Rücken können die ungewöhnlichen Regenbögen entstehen. In diesem Fall sieht man eher den oberen Bereich des "Spiegelbogens".

Mir sind auch einige alte Beobachtungen bekannt, wonach zusätzlich zum gewöhnlichen Regenbogen ein seitlich versetzter Regenbogen auftrat. Solange es davon keine Fotos gibt, halte ich diese Beobachtungen für sehr fragwürdig. In diesem Fall müßte die spiegelnde Fläche schräg stehen. Heutzutage mag es durch großflächige spiegelnde Hausfassaden solche seitlich versetzten Regenbögen geben. Für die Beobachtungen aus dem 19. Jahrhundert und davor habe ich aber keine Erklärung. Zu denken wäre allenfalls an sehr langgestreckte Wellen auf dem Meer, die eine schiefe Ebene bilden könnten, oder aber Berghänge, die mit Schnee und Eis bedeckt sind.

ungeklärte Erscheinung
Regenbogenerscheinung am 20. Oktober 1879 um 8.25 Uhr in Gareloch (Schottland). Der Beobachter Hannary sah von seinem Standort aus nur den ersten seitlichen Bogen (links im Bild). Andere Personen in der Nähe hatten die volle Erscheinung gesehen, wie sie in der Abbildung wiedergegeben ist. Von seitlich versetzten Regenbögen sind bisher keine Fotos bekannt.
Aus Pernter, "Meteorologische Optik", 1. Auflage, 1906. Pernter entnimmt die Zeichnung aus "Nature" Bd. 21 S.56

Es liegt nahe das Prinzip des "Spiegelbogens" auch auf Haloerscheinungen zu übertragen. Im Winter könnte eine glatte Eisfläche ausreichend Sonnenlicht spiegeln, um im bodennahen Eisnebel Haloerscheinungen zu erzeugen. Daneben halte ich es für möglich, daß die Eiskristalle selbst als Spiegel für das Sonnenlicht dienen. Dies wären dann sekundäre Halos zur Untersonne. Auch wenn ich sonst nicht viel von sekundären Halos halte, z.B. wird versucht die 46�- Nebensonne als sekundäre Haloerscheinung zur Nebensonne zu erklären, dürfte die Oberseite von Eiskristallen ausreichend Licht spiegeln, um Haloerscheinungen zu erzeugen. Beobachtungen dieser Art gibt es aber bisher nicht.


Hauptregenbogen mit einem Fragment des gespiegelten Hauptregenbogens �ber einer Wasserfläche. Nach einer Beobachtung von Tait in St. Andrews (Schottland) am 11. September 1874 um 17:40 Uhr. Aus Pernter "Meteorologisch Optik", 1. Auflage, 1906. Zuerst veröffentlicht in "Nature" vom 1. Oktober 1874.


Genaue Betrachtung des Spiegelbogens

Der Spiegelbogen und die Lage der Wasserfl�che


Abb. 1
Wassertropfen, die den Regenbogen aus Sicht des Beobachters bilden, liegen alle auf einem Kegelmantel mit einem �ffnungswinkel von 84� (2*42�). Abbildung 1 stellt einen Schnitt durch diesen Kegel dar. Das Auge des Beobachters befindet sich im Punkt a. Die parallelen Linien sind die Sonnenstrahlen, die von der Wasserfl�che reflektiert wurden. Die linke Grafik zeigt die Sonnenstrahlen bei einer Sonnenh�he von 10�; die rechte Grafik f�r eine Sonnenh�he von 30�. Linie b weist in die Richtung des Sonnengegenpunktes der gespiegelten Sonne. Es sei angenommen, da� der Beobachter mit dem R�cken zur Sonne steht und in Richtung des Regenbogens schaut.

Aus der Abbildung l��t sich erkennen, da� nur Sonnenstrahlen, die hinter dem Beobachter reflektiert wurden, zur oberen H�lfte des Spiegelbogens beitragen. Die untere H�lfte wird dagegen nur von Sonnenlicht erzeugt, da� vor dem Beobachter gespiegelt wurde. Steht man an einem Strand, l��t sich also nie ein vollst�ndiger gespiegelter Regenbogen beobachten. Man sieht entweder die untere H�lfte, wenn sich das Meer in Richtung des Regenbogens befindet oder die obere H�lfte, wenn sich die Wasserfl�che in Richtung Sonne befindet. Nur auf einem Boot, einer kleinen Insel oder anderen Situationen, in denen man ringsum mit Wasser umgeben ist, kann ein vollst�ndiger Spiegelbogen gesehen werden.

Die L�nge der Lichtwege und die Helligkeit des Spiegelbogens

Aus Abbildung 1 l��t sich weiter erkennen, da� die Lichtstrahlen, die den oberen Teil des Spiegelbogens bilden, einen viel l�ngeren Weg nach der Spiegelung zur�cklegen m�ssen, als Lichtstrahlen, die den Fu� des Spiegelbogens bilden. Dies hat zur Folge, da� der Spiegelbogen nach oben hin immer lichtschw�cher wird, weil Regentropfen und Dunst die Lichtstrahlen abschw�chen. Fotos von Spiegelb�gen best�tigen diese Lichtabschw�chung. Der Fu� ist immer der hellste Bereich beim Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts.

Die Helligkeit des Spiegelbogens und die Sonnenh�he


Abb.2
Die Helligkeit des Spiegelbogens h�ngt sehr stark von der Sonnenh�he ab. Abbildung 2 zeigt den Anteil des reflektierten Sonnenlichts auf einer Wasseroberfl�che. Einmal f�r senkrecht polarisiertes Licht und einmal f�r parallel polarisiertes Licht. Zus�tzlich ist noch der Mittelwert angegeben, der dem nat�rlichen, unpolarisierten Sonnenlicht entspricht. Bei tiefem Sonnenstand wird das Sonnenlicht fast vollst�ndig reflektiert. Je h�her die Sonne steigt, um so geringer wird der Anteil des gespiegelten Lichts. Der restliche Lichtanteil wird gebrochen und tritt in das Wasser ein. Schon bei etwa 20� Sonnenh�he wird nur noch etwa 1/7 des Sonnenlichts von der Wasserfl�che reflektiert. Das bedeutet, da� der Spiegelbogen gegen�ber dem normalen Regenbogen 7-mal lichtschw�cher ist und bei dieser Sonnenh�he etwa die Helligkeit des Nebenregenbogens besitzt. Dazu kommt noch die oben erw�hnte Lichtabnahme durch den l�ngeren Lichtweg gegen�ber Lichtstrahlen, die den Hauptregenbogen erzeugen. Die rapide Helligkeitsabnahme mit steigender Sonnenh�he ist der Grund daf�r, warum Spiegelb�gen bisher fast nur bei tiefem Sonnenstand beobachtet wurden. Dennoch, unter g�nstigen Bedingungen sollte ein Spiegelbogen auch noch bei einem Sonnenstand von 30 Grad und mehr zu erkennen sein. Zus�tzlich spielt auch die Gr��e der Wasserfl�che eine entscheidende Rolle. Au�erdem verursachen leichte Wellen schon eine gro�e Helligkeitsabnahme. Diese Faktoren sind hier nicht ber�cksichtigt.

Anteil des reflektierten Lichts bei verschiedenen Sonennhöhen

Sonnenhöhe

90-50

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Reflektierter Anteil in %

ca. 2

2.8

3.3

4

6

9

13

21

35

58

100

Anteil für den besonders interessanten Bereich von 20-1 Grad

Sonnenhöhe

20

19

18

17

16

15

14

13

12

11

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

Anteil in %

13

15

16

17

19

21

23

26

28

31

35

38

43

47

52

58

65

72

80

90

Simulation zum Ausdrucken: