Blitze/ Geschichte
von Claudia Hetze

In der Bibel gilt der Donner als Stimme des Herren (Joh. 12,19)

Nach der nordischen Mythologie löste der keltische Göttervater Donar oder Thor die Himmelsphänomene aus, insbesondere Blitz und Donner. Demnach schwang Thor den Gewitterhammer Mjöllnir. Daher verglichen ihn die römischen Schriftsteller mit Jupiter dem Blitzeschleuderer.

Bei den Kelten und Germanen wurden die Gewitterphänomene als Kampfeslärm gedeutet, der durch das Ringen des Thor mit den Feinden des Menschen entstand. Die sonst Furcht und Schrecken hervorrufenden atmosphärischen Erscheinungen galten hier als nutzbringend.

In der griechischen Mythologie wurde dem Göttervater Zeus, Sohn des Kronos, das Gewitter mit Blitz und Donner zugeordnet. Zeus führte auch den Beinamen "der in der Höhe donnernde". In der Dichtung "Theogonie" von Hesiod (um 700 v.u.Z.), in der die Entstehung der Götterherrschaft dargestellt wird, heißt es über Zeus: "Im Himmel thront er donnergebietend und sendet flammende Blitze, seit er den Vater Kronos gewaltig besiegte." (Vers 71-73)

Die römische Götterwelt entspricht in vielem der griechischen. Anstelle des griechischen Zeus regierte Jupiter das Götterreich und zeigte sich für alle Himmelserscheinungen verantwortlich, besonders für die Gewitter. Die vom Blitz getroffenen Gegenstände oder Orte galten als Jupiters Besitz und waren daher heilig. Auch ein vom Blitz getroffener Mensch, der mit dem Leben davon kam, wurde als einer betrachtet, dem die Götter eine Gunst erwiesen.

Die Gewitterphänomene, insbesondere die Blitze, wurden von den Vorläufern der Römer, den Etruskern, genau beobachtet. Sie teilten den Himmel in 16 Teile, um die Bedeutung der Blitze festzulegen. Blitze aus der Richtung von Westen nach Norden galten als verderbenbringend und Blitze zur linken Hand des Beobachters als glückverheißend. Bisweilen wurde angenommen, daß der Blitz in Stein- oder in Schwefelform falle. Der Glaube an die Blitz- und Donnersteine war daher weit verbreitet und ist bis ins Mittelalter hinein nachweisbar.

Anaximander (um 611 - um 547 v.u.Z.) und Anaximenes (um 585-480 v.u.Z.), beides Schüler des griechischen Philosophen und Mathematiker Thales entwickelten eine erste Theorie über die Entstehung eines Gewitters. Als Ursache sahen sie dabei den Wind. Der Donner war für sie das Pressen der Luft gegen und durch die Wolken. Letzteres bewirkte nach ihren Ansichten die Entzündung des Blitzes.

Anaxagoras (499-427 v.u.Z.), ein ionischer Naturphilosoph, nahm das Element "Feuer in den Wolken", den "Äther", in der oberen Atmosphäre und darüber an. Dieses "Feuer" dringt in die niederen Luftschichten ein und erzeugt beim Durchqueren der Wolken den Blitz und dann den Donner, der als zischendes Geräusch und Lärm beim Löschen des Feuers entsteht. Diese Ansicht ist besonders hervorzuheben, da in der antiken Meteorologie der Donner als Ursache und der Blitz als Wirkung angesehen wurden.

Bei den Atomisten Leukippos (um 440 v.u.Z.) und Demokritos (um 420 v.u.Z.), von denen nur Fragmente und Berichte über ihre Schriften überliefert wurden, heißt es: "Leukippos gibt an, das Entweichen von Feuer, das in dichten Wolken eingeschlossen gewesen sei, bewirke starken Donner" (Aetios 3,3,10). Weiterhin wird bemerkt: "Demokrit läßt den Donner aus einer ungleichmäßigen Zusammensetzung entstehen, die sich durch das umgebende Gewölk hindurch gewaltsam einen Ausweg nach unten bahnt. ... Blitzschlag entstehe, wenn sich aus reineren und leichteren gleichartigen und zugleich - wie er selbst schreibt - festgefügten Zusammensetzungen feuererzeugende Stoffe gewaltsam einen Weg bahnen" (Aetios 3,3,11)

Der Dichter Aristophanes (um 445-386 v.u.Z.) verarbeitete meteorologische Fragen in seiner Komödie "Die Wolken", in der er ein Zwiegespräch zwischen Sokrates und seinem bäuerlichen Schüler Strepsiades entwirft. Sokrates erläutert hier auch die Bildung des Blitzes als einen in den Wolken eingepreßten "trockenen Wind". der beim Ausbrechen entflammt und verglüht.

Theophrast (371-287 v.u.Z.), ein Schüler von Aristoteles erörtert das Phänomen von Blitz und Donner sehr detailliert. Für den Donner gibt er sieben Gründe an, die in Form von praktischen Beispielen gebracht werden, wie der Knall beim Zusammenschlagen der Hände, das Platzen einer luftgefüllten Blase, das Reiben von Mühlensteinen aufeinander u.ä. Die Blitzursache wird in ähnlicher Weise praktisch erläutert: erstens durch Funkenschlag aus Steinen, zweitens durch Aufflammen beim Reiben von Hölzern zur Feuergewinnung und drittens durch Aufflammen des glühenden Eisens beim Ablöschen. Als vierten Grund nennt er die traditionelle aristotelische Auffassung vom Pressen und Zerreisen der Wolken. In der Abfolge von Blitz und Donner verläßt Theophrast die Auffassung des Aristoteles: "...Der Blitz geht aber dem Donner voraus aus zwei Gründen: entweder weil das Feuer besonders schnell aus der Wolke herauskommt oder weil zugleich der Blitz und der Donner stattfinden: besonders schnell sehen wir den Blitz, langsamer aber hören wir den Donner..." (Syrischer Auszug der Meteorologie des Theophrast 351 b, 13-16). Wiederum unterstützt der Philosoph seine Beweisführung durch ein praktisches Beispiel, indem er auf die Beobachtung des Holzspaltens aus der Ferne hinweist, wo zuerst der Schlag zu sehen und dann erst das Geräusch zu hören ist.

Bei den Inkas (13.-16. Jh) waren die Sonne und der Mond (als Schwester der Sonne) die Hauptgottheiten. Der König selbst, der Inka, galt als Gott und verkörperte die Sonne. Blitz und Donner waren die Diener der Sonne und wurden in eigenen Tempeln angebetet.

Literatur:

Sahst Du nicht, daß Allah die Wolken treibt...und er sendet Berge (von Wolken) vom Himmel hernieder, erfüllt mit Hagel, und er trifft damit, wen er will, ... Der Glanz seines Blitzes raubt fast die Blicke
(Koran, 24. Sure, Vers 43).