"Und-so möchte ich fragen- wie viele "Naturforscher" gibt es denn heute noch, die in finsteren, nebligen
Herbstnächten draußen im Wald und Sumpf herumlaufen? Am Schreibtisch oder im
Museumsschrank lassen sich natürlich keine Irrlichter beobachten..."
Kurt Floericke: Nächtliche Waldbeleuchtung, Kosmos 5, S.270-271, 1908
Irrlichter sind kleine vom Boden aufsteigende Flämmchen, die vorzugsweise auf sumpfigen Wiesen und moorigem Gelände entstehen. Die Flämmchen leuchten nur einige Sekunden lang und sind 1-11cm hoch. Sie entstehen durch im Boden aufsteigende Gas, welches sich an der Luft selbst entzündet. Bei dem Gas handelt es sich vermutlich um ein Gemisch aus PH3 und H2S, das an der Luft rauch- und geruchslos verbrennt. Eine verbreitete Ansicht ist, daß Irrlichter über die Moorflächen wandern. Dies stimmt aber wohl nicht. Vielmehr beruht der Eindruck darauf, daß ein einer Stelle ein Irrlicht erlischt und etwas entfernt ein neues Irrlicht entsteht. Dies kann eine Bewegung vortäuschen.
Lange glaubte die Wissenschaft, daß Irrlichter nichts anderes sind als Hirngespinste oder auch Verwechselungen mit anderen Leuchterscheinungen wie z.B. das Elmsfeuer oder Glühwürmchen. Erst durch Irrlichtbeschreibungen von angesehen Persönlichkeiten begann man an die reale Existenz von Irrlichtern zu glauben. Dazu trug insbesondere die Irrlichtbeobachtung des hervorragenden Astronomen Bessel am Morgen des 2. Dezember 1807 im Amte Lilienthal (nördl. von Bremen) bei. Er sah die Irrlichter bei völliger Dunkelheit und regenerischem Wetter über einem ausgegrabenen Moorgrund, dessen Vertiefungen sich mit Wasser gefüllt hatten. Die Farbe der zahlreichen Flämmchen war leicht bläulich. Das Licht war schwach, so daß der Boden von ihnen nicht erhellt wurde. Die Irrlichter leuchteten jeweils etwa eine Viertelminute und waren 15-20 Schritt voneinander entfernt. Die meisten bewegten sich nicht, während einige, meistens gruppenweise, eine horizontale Bewegung annahmen. Eine weitere Beobachtung stammt von dem Physiker Knorr, der bei Herzberg a. d. Elster Irrlichter von etwa 10 cm länge und 3 cm Breite sah. Als er den Messingbeschlag seines Spazierstockes in ein Irrlicht hielt, wurde dieser nicht erwärmt. Dagegen stehen andere Beobachtungen wonach ein Irrlicht in der Lage war, ein Stückchen dürres Schilfrohr zu entzünden oder auch dürres Gras zum brennen zu bringen.
Weitere Irrlichtbeobachtungen sind in der "Naturkundlichen Chronik Nordwestdeutschlands" von Dr. F. Hamm aufgeführt.
Der Name "Irrlicht" stammt wohl daher, daß die Lichter scheinbar hüpfen und umherwandern, also ziellos umherirren. Daneben kommt noch eine andere Erklärung in Betracht: Man kann durch die Lichter irregeführt werden. Heute ist jede Straße gut ausgebaut, ausgeschildert und beleuchtet, so daß keine Gefahr mehr besteht vom rechten Wege abzukommen. Vor 200 Jahren konnte der Weg zum Nachbardorf nachts bei mondlosem Himmel jedoch gefährlicher sein. Wer, im Glauben ein beleuchtetes Haus oder einen Menschen mit einer Laterne zu sehen, auf das Irrlicht zuging, geriet leicht vom rechten Wege ab und kam in das sumpfige Gebiet, auf dem vorzugsweise Irrlichter entstehen.
In der Mythologie werden Irrlichter für die Seelen ungetauft verstorbener Kinder gehalten. Dies mag damit zusammenhängen, daß Irrlichter häufig auf Friedhöfen beobachtet wurden. Andererseits werden Irrlichtern auch positive Eigenschaften zugesprochen. Ein Irrlicht zur Linken gilt als gutes Zeichen. Auch sollen sie auf Anruf heranfliegen und dem Menschen für ein geringes Entgelt leuchten. In einer Bauernregel heißt es: "Wenn im Moor viel Irrlichter stehn, bleibt das Wetter lange schön."
Heute weiß man von Irrlichtern nicht mehr als vor hundert Jahren. Es gibt kaum neue Beobachtungen. Fotos oder Videosequenzen sind mit nicht bekannt. Daher möchte ich zur gezielten Beobachtung von Irrlichtern aufrufen. Vielleicht lassen sich so folgende Fragen klären:
Dies sind nur einige Fragen, die bis heute nicht geklärt sind. Falls Sie schon einmal Irrlichter gesehen haben, würde ich mich über einen Beobachtungsbericht sehr freuen. Wenn sie zukünfig das Glück haben Irrlichter zu sehen, sollten sie genaue Beobachtungen anstellen. Ideal wären natürlich auch Photos oder ein Video von einer Irrlichterscheinung. Irrlichter wurden im letzten Jahrhundert vor allem in Moorgebieten beobachtet. Heute sind die meisten Moore allerdings stark vom Torfabbau beeinträchtigt. Dennoch sind auch auf diesen Moorflächen Irrlichter möglich. Ich selbst sah in einer Nacht im Frühsommer 1997 zahlreiche Lichter auf einer solchen Moorfläche bei Vechta, wobei es sich höchstwahrscheinlich um Irrlichter handelte. In unregelmäßigen Abständen blinkten in einigen 100m Entfernung zahlreiche weiße Lichter im Moor auf. Jedes Aufblinken dauerte zwischen 4 und 10 Sekunden und hatte etwa die Helligkeit der Venus. Die Erscheinung dauerte etwa 1 Stunde lang. Leider war es mir aufgrund der Unzugänglichkeit der Moorflache nicht möglich, näher an die Lichter heranzukommen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß es sich dabei um das Aufblinken von Taschenlampen handelte, obgleich es doch recht unwahrscheinlich ist, daß sich nachts eine größere Personengruppe mitten im Moor aufhält. Es könnte sich allenfalls um eine Bundeswehrübung gehandelt haben, zumal auch einige Hubschrauber das Gebiet überflogen.
Neben Moorflächen wurden Irrlichter auch auf sumpfige Wiesen, entlang von Deichen, auf frisch gedüngter Erde, auf schlammigen Gräben, auf Abwasserkanälen sowie auf Friedhöfen gesehen. Im Winter scheinen sie seltener aufzutreten. Häufiger dagegen im Sommer und in regnerischen milden Herbstnächten. Nach anderen Berichten erscheinen die Irrlichter häufiger im Herbst bis in die Adventszeit hinein, aber auch im Spätsommer und in der Fastenzeit. Trübe Witterung und gedrückte Luft scheinen gute Voraussetztungen für die Irrlichtentstehung zu sein. Über die Farbe gibt es sehr uneinheitliche Beobachtungen. Einge sahen sie gelblich, andere rötlich und wieder andere bläulich.
Ein Beobachtungsbericht sollte vor allem folgende Angaben enthalten:
Falls die Irrlichter direkt vor Ihnen auftreten, sollten Sie ausprobieren, ob Zunder in der Flamme Feuer fängt. Vielleicht gelingt Ihnen auch ein Foto. Den Bericht können sie per e-mail an Mark Vornhusen schicken. Vielleicht kennen Sie auch jemanden, der sich erinnert Irrlichter gesehen zu haben.
Literatur über Irrlichter:
Weitere Bezeichnungen für das Irrlicht (eng. will o' the wisp, jack o'lantern) im deutschen Sprachraum sind:
Irrwisch, Tümmelding, Dwerlicht, Spoklecht, Irrlüchte, Irrfackel, Dwallicht, Quadlicht, Wipplötsche, Dröglicht, Draulicht, Stölten, Stöltenlicht, Dichepot, Huckepot, Tückebote, Tückebold, Lüchtemannchen, Irdflämmken, Irdlicht, Flämmstirn, Flackerfür, Dwerlicht, Lopend Für, Lichtkedräger, Schwidnikes, Erlwischen, Irreding, Irrflämmchen, Heerwisch, Druckfackel, Schäuble, Stäuble, Zunselwible, Füersteinmannli, Buchelmännle, Fuchtelmännlein