Moving Ripples 
von Claudia Hinz 

Schon mehrmals wurde in der Literatur über Beobachtungen dunkler Wellen berichtet, die sich mit hoher Geschwindigkeit durch verschiedene Haloerscheinungen bewegten. Es wurden mehrere Theorien über die Entstehungsursache aufgestellt, aber aufgrund der nur wenigen vorliegenden Daten konnten diese nie bestätigt werden. Deshalb trägt die Fachgruppe Atmosphärische Erscheinungen seit einigen Jahren Beobachtungen von Moving Ripples zusammen, um irgendwann hinter das Geheimnis dieses ungewöhnlichen Phänomens zu kommen.

Inzwischen liegen fast 40 z.T. bebilderte Beobachtungsberichte vor. Hinzu kommt eine eigene Beobachtung vom 12. Juli 2001, bei der ich Moving Ripples an einer Irisierenden Wolke ausmachen konnte und welche mein Interesse an der Aufklärung der Moving Ripples erneuerte. Also höchste Zeit, das Rohmaterial auszuwerten.

Als Entstehungsursache können inzwischen zweifelsfrei Schallwellen genannt werden. In der heutigen Zeit kommen als Quellen hauptsächlich die Stoßwellen von Überschallflugzeugen in Frage. Nicht selten wurde in den Berichten beschrieben, daß vor dem Ereignis das Dröhnen von Düsenjets wahrgenommen wurde. Hinzu kommt eine Häufung der Beobachtungen in der Nähe militärischer Flughäfen. Auch meiner eigenen Beobachtung ging die Wahrnehmung von drei Überschallflugzeugen voraus.

Die Vermutung von G. H. Archenhold, daß es einen Zusammenhang der Beobachtungen von Moving Ripples mit dem Meteorschall größerer Meteoride oder mit der Aktivität von Meteorströmen gibt, konnte stattdessen nicht bestätigt werden. Dagegen spricht auch die Tatsache, daß die Endhöhe der mit hoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eindringenden Meteoride kaum geringer als 60 km ist und Schall sich erst unterhalb dieser Höhe nach unten ausbreiten kann.
Es sind jedoch Fälle aus dem ersten und zweiten Weltkrieg bekannt, bei denen Bombendetonationen als Ursache für die Schallwellen angenommen werden. Zwei weitere Beobachtungen aus den Niederlanden beschreiben Donner als Auslöser der Erscheinung.

Betrachtet man sich nun die Haloarten, an denen Moving Ripples bisher beobachtet wurden, kommt man zu dem Entschluß, daß es sich fast ausschließlich um Halos handelt, die an horizontalen Plättchenkristallen entstehen. Am häufigsten wurden Moving Ripples bisher an den 22°-Nebensonnen, am Horizontalkreis (je 13 Fälle) und an den 120°-Nebensonnen (5) beobachtet. Eine erst in diesem Jahr erfolgte Sichtung beschreibt „wellenförmige Schatten“, die sich mit hoher Geschwindigkeit über den Zirkumzenitalbogen hinweg bewegten. Und auch der Zirkumzenitalbogen entsteht ganauso wie die Nebensonnen und der Horizontalkreis an horizontal schwebenden Eisplättchen.

Aber wie passen die Irisierenden Wolken in dieses Bild? Entstehen die schillernden Farben nicht an kleinen Wassertröpfchen, wenn man allgemeiner Literatur Glauben schenken darf?
Wie die Ergebnisse der kontinuierlichen Beobachtungen Atmosphärischer Erscheinungen zeigen, werden 12 Prozent der Irisierenden Wolken an Cirrocumulus beobachtet. Diese Wolkenart besteht größtenteils aus Eiskristallen und zu einem kleineren Teil aus gefrierenden Wassertröpfchen. Gerade bei Cirrocumulus wird das Irisieren häufig in einem Sonnenabstand größer 30° beobachtet, was eine Lichtbeugung als Entstehungsursache nahezu ausschließt. Deshalb wird bei den neuesten Theorien davon ausgegangen, daß die Farben entweder durch Interferenz von Strahlen entstehen, die an der Vorder- und Hinterfläche allerdünnster Eisplättchen reflektiert werden oder durch Interferenz von Strahlen, von denen ein Teil direkt durch die Wolkenschicht hindurchgeht, während die anderen Strahlen im Innern der Schicht ein- oder mehrfach reflektiert werden.

Also auch hier sind wieder Eisplättchen im Spiel. Es ist also naheliegend, daß Schallwellen bevorzugt Eisplättchen in vertikale Schwingungen versetzen und dadurch die Moving Ripples auslösen. Das würde auch die anschließend beobachtete rasche Wolkenauflösung  nach dem Wellendurchgang durch die Irisierende Wolke erklären. Unser Wolkenhöhenmesser (Laser-Ceilograph) zeigte für die entsprechende Cirrocumulusschicht eine Höhe von 6600m an. Wie der Temp von Meiningen (18 UTC) zeigt, wurde in 6611 m Höhe eine Luftfeuchte von 49% registriert, was gleichzeitig das Maximum im Höhenbereich zwischen 6000 und 7000m Höhe war. In 6005 m Höhe war die Feuchte nur 26% und in 6907 m Höhe 31 %. Durch die vertikalen Schwingungen, der die Eiskristalle ausgesetzt waren, sind sie in den weniger feuchten Luftschichten einfach ausgetrocknet und haben deshalb innerhalb weniger Sekunden zur Wolkenauflösung geführt.

Die mögliche Ursache für die sich bewegenden Schattenstreifen könnte also sein, daß Eisplättchen durch Schallwellen in Rotation und Schwingung versetzt werden, so daß die Lichtbrechung teilweise das Auge des Beobachters nicht mehr erreicht und dadurch die Schattenstreifen verursacht. Sicher läßt auch diese Theorie noch einige Fragen offen, z.B. warum die Moving Ripples häufig in mehreren Wellengruppen auftreten oder warum derartige Streifen bisher nicht in farblosen Cirren beobachtet wurde. Eine Erklärung dafür könnte sein, daß Halos die Aufmerksamkeit des Beobachters erhöhen und Farben den Kontrast der Schatten steigern. Deshalb sollte man, wenn unüberhörbar ein Düsenjet den Himmel überquert, auf jeden Fall nach dem Phänomen der Moving Ripples Ausschau halten.