Mathematische Erfassung der Schneedeckenhalos
von Alexander Haußmann

1. Die Modellvorstellung und ihre Grenzen, Gültigkeitsbedingungen der Formeln

Im folgenden soll gezeigt werden, wie aus der eben geschilderten Modellvorstellung konkrete Vorhersagen über Entstehung und Ausprägung von Schneedeckenhalos abgeleitet werden können. Diese Vorhersagen können mit Hilfe des dafür von mir entwickelten Computerprogramms schnell erstellt werden. Nicht übersehen werden darf jedoch, daß es sich beim Spindelkörper lediglich um ein Modell handelt, welches wie jedes Modell bestimmte Aspekte des Phänomens vernachlässigt. Die Vernachlässigung entsteht nun dadurch, daß für den Ablenkungswinkel ein fester Wert (die Minimalablenkung) und damit immer ein Körper der selben Gestalt (einander ähnliche Körper) benutzt wird. Das heißt, daß sich die folgenden Formeln (und auch das Computerprogramm) auf den Innenrand des Halos beziehen. Die (auch für ein und dieselbe Farbe) auftretenden größeren Ablenkungswinkel als auch die Farben an sich werden ignoriert. Weiterhin wird von einer punktförmigen Lichtquelle ausgegangen (diese Bedingung ist in der Praxis annähernd erfüllt, Vorsicht ist jedoch bei Scheinwerfern mit Reflektoren geboten. Auch wird nur ein Koordinatensystem festgelegt, weswegen die Darstellung dem einäugigen Sehen entspricht. Eine letzte Bedingung ist die ebene Schneedecke sowie die Messung von Beobachter- und Lampenhöhe senkrecht zu dieser Ebene. Bei der Beschreibung von Reifkristallhalos an irdischen Lichtquellen ist daher ein kurzgeschnittener Rasen vorauszusetzen, damit die Eindeutigkeit der Schnittkurve (der Haloring) sichergestellt ist. Außerdem darf sich die Erdkrümmung noch nicht störend bemerkbar machen.

2. Erklärung der Koordinaten, Projektionen

Zur mathematischen Darstellung von Körpern und Positionen im Raum wird ein Koordinatensystem wie das Abgebildete benutzt (Ursprung zu Füßen des Beobachters, Rechtssystem, x-Achse weist zur Sonne oder Lampe). Da die Augenhöhe des Beobachters, die Lampenhöhe und die Entfernung der Fußpunkte beider als einzige Parameter im Längenmaß in die Formeln eingehen, hängt die Teilung der Achsen von der gewählten Längeneinheit ab (empfohlen werden Meter). Vom Beobachter aus gesehen, liegt die positive y- Achse auf der linken Seite, die negative auf der rechten. So läßt sich ein Schnitt in der x,y-Ebene ohne komplizierte Drehungen verwirklichen. Um in Richtung der negativen x- Achse zu blicken, muß sich der Beobachter wenden. Die z-Achse gilt strenggenommen nur für ein Auge. Praktischer für den Gebrauch sind jedoch Polarkoordinaten, also Winkelwerte und eine Entfernungsangabe. Im vorliegenden Fall kann auf die Entfernungsangabe verzichtet werden, da es hauptsächlich auf die durch zwei Winkel gegebene Richtung des Lichteinfalls ankommt. Um diese Winkel zu definieren, stelle man sich vor, der Betrachter stehe in einer Kugel (die sogenannte Himmelskugel). Ihr Radius ist beliebig (weil die Entfernungsangabe überflüssig ist), doch kann man sie sich berührend zur x,y-Ebene oder kleiner vorstellen, damit man keine Probleme mit den Achsen bekommt. Nun wird ein Gradnetz (wie das geographische) auf die Kugel gelegt. Jetzt kann die Richtung zu einem Punkt im Raum durch Azimut (entspricht geographischer Länge) und Höhe (Elavation, entspricht geographischer Breite) festgelegt werden. Der Nullpunkt dieser Winkelkoordinaten liegt auf dem Horizont (das ist die Ebene parallel zur x,y-Ebene, auf der das Beobachterauge liegt bzw. der waagerechte Großkreis des Gradnetzes) in Richtung zur Sonne bzw. Lichtquelle. Liegt ein Punkt über der horizontalen Ebene, so ist seine Höhe positiv, andernfalls negativ. Ist der y-Wert eines Punktes negativ, so ist es auch sein Azimut und umgekehrt (ist der y-Wert 0 und x beliebig positiv, so ist der Azimut 0, bei negativem x 180 , wobei das Vorzeichen beliebig ist). Wichtig ist, daß sich der Azimut im Gegensatz zu dem in der Astronomie benutzten Winkel auf die Richtung zur Sonne und nicht auf die Nord- bzw. Südrichtung bezieht. Nun muß noch geklärt werden wie sich die Koordinaten ineinander umrechnen lassen. Den Tangens der Höhe erhält man, wenn die vertikale Differenz (z-Wert - Augenhöhe) durch die Entfernung des Punktes auf der Schneedecke (ermittelt nach Pythagorassatz aus x und y) geteilt wird. Der Tangens des Azimuts ist das Verhältnis von y und x.

[Formeln 1 und 2]

Da der Azimut immer auf einer waagerechten Ebene gezählt wird, hat der z- Wert auf ihn keinen Einfluß. Daraus folgt, daß ein senkrechter Stab einen konstanten Azimut repräsentiert. Die von ihm ausgehenden Lichtstrahlen schneiden die Kugel in einem Großkreis (die Radien der Groß- oder Hauptkreise entsprechen dem Kugelradius, die der Klein- oder Nebenkreise sind kleiner). So ist jede Linie konstanten Azimutes (genannt Höhenkreis, da die Höhe entlang dieser Kreise gemessen wird) ein halber Großkreis durch Zenit (Richtung der positiven z- Achse) und Nadir (Richtung der negativen z- Achse). Gemessen wird der Azimut entlang der Linien konstanter Höhe (Kleinkreise parallel zum Horizont, auch Azimutalkreise oder Almukantarate genannt. Der Scheitel des Azimuts ist folglich nicht unbedingt das Beobachterauge.). Der Azimut ist nicht mit dem Sehwinkel aus dem Kugelinneren (Zentralwinkel) zu verwechseln, der entlang von Großkreisen gemessen wird und die kürzeste Entfernung zweier Punkte auf der Kugeloberfläche repräsentiert.

Die allseits gekrümte Kugel läßt sich nicht auf ein ebenes Zeichenblatt abwickeln. Da dieses Problem identisch ist mit dem Anfertigen einer Erdkarte (gleiches Gradnetz) existieren z.T. jahrhundertealte Projektionen (Entwürfe) zur Abbildung des Gradnetzes. Man benutzt entweder einen Hilfskörper (Zylinder- oder Kegelprojektionen) oder projiziert direkt auf das Zeichenblatt (Azimutalprojektionen). Zur Beschreibung von Haloerscheinungen reichen die Azimutalprojektionen aus. Um eine solche Projektion zu erstellen, muß man die Koordinaten des Projektionszentrums (Projektionspol) kennen. Der Pol wird unverzerrt wiedergegeben. Für gewöhlich wird dies die Lichtquelle sein, so daß der Pol auf dem Höhenkreis mit dem Azimut 0 liegt. Die Höhe der Lichtquelle muß bekannt sein, sie wird mit dem Symbol delta abgekürzt. Recht einfach zu erstellen sind Zenitprojektionen, d.h. der Projektionspol ist der Zenit. Hierbei werden die Höhenkreise als Geradenbüschel durch den Zenit und die Azimutalkreise als konzentrische Kreise dargestellt. Der Abstand der einzelnen Kreise wird durch die jeweilige Projektionsart bestimmt. Zur Kennzeichnung von Positionen auf der Projektionsebene werden kartesische Koordinaten mit dem Ursprung im Mittelpunkt (Projektionspol) benutzt. Weil es recht schwierig ist, Gleichungen für Nicht-Zenitprojektionen zu entwickeln, kam mir der Gedanke, das Gradnetz so zu kippen, daß der Projektionspol immer der Zenit dieses gekippten Netzes ist. Als Formeln zur Transformation der ursprüglichen, horizontalen Koordinaten in die gekippten benutze ich diejenigen die in der Astronomie als Transformationsgleichungen zwischen den Systemen Azimut und Höhe sowie Stundenwinkel und Deklination üblich sind. Im übrigen lassen sich auch kreisförmige Haloerscheinungen und (vervollständigte) Regenbögen unter Vernachlässigung ihrer Breite als gekippte Azimutalkreise, also als Kleinkreise beschreiben (ein 90°-Ring dagegen wäre ein Großkreis).

Als Transformationsgleichungen werden benutzt:

[Formeln 3, 4 und 5]

Die Winkel mit ' sind dabei die Koordinaten des gekippten Systems. Das Rückrechnen geschieht genauso, wobei für delta das Vorzeichen zu ändern ist, da ja die Drehung in die entgegengesetzte Richtung erfolgt. Gleichung (5.) ist aus einer Gleichung in der Form von (3.) entstanden bei der jedoch sin[phi] auf der linken Seite stand (Rückrechnen).Die Höhe ist durch ihren Sinus eindeutig bestimmt, da nur der Bereich von -90° bis +90° zur Verfügung steht. Der Azimut besitzt den doppelten Definitionsbereich und ist erst durch 2 Winkelfunktionen eindeutig bestimmbar (beim Umrechnen von Sinus in Cosinus erhält man keine Information über das Vorzeichen).

Für delta = 90° gehen die Winkel mit ' in ihre Gegenstücke des nicht gekippten Systems über, lediglich Gleichung (5.) versagt. Für delta = -90° unterscheiden sich phi und phi' nur durch das Vorzeichen. Wie bereits oben erwähnt lassen sich kreisförmige Halos als Kleinkreise darstellen. Die entsprechende Formel kann man aus den Transformationsgleichungen ableiten.

Man erhält aus den Gleichungen die gesuchte Formel, indem 90° -phi' = alpha (Winkelradius des Halos) gesetzt wird und lambda, eliminiert wird. delta repräsert nun die Höhe des Mittelpunkte.

[Formel 6]

Diese Gleichung ist nützlich, wenn man Halos in einer Projektion darstellen will, deren Pol nicht mit dem Halomittelpunkt zusammefällt. Dabei wird phi als Laufvaiable benutzt und lampda berechnet. Die gekippten Koordinaten erhält man aus den Transformationsgleichungen, wobei natürlich delta einen anderen Wert hat Dann wird mit der jeweiligen Projektionsformel weitergerechnet.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, aus (6.) die bekannte Gleichung für Winkeldifferenzen (Abstände) zweier Punkte auf der Kugeloberfäche herzuleiten. Diese Abstände werden entlang von Großkreisen gemessen.

[Formel 7]

Nun werden einige wichtige Projektionsarten vorgestellt:

3. Schneedeckenhalos der Sonne

Die Schneedeckenhalos der Sonne sind eine Vorstufe zum Verständnis der Schneedeckenhalos an irdischen Lichtquellen. Wie bereits im 1.Teil der Arbeit beschrieben, kann man zur Veranschaulichung von Halos der Sonne einen Kegel mit der Spitze im Beobachterauge benutzen. Dieser Kegel schneidet nun die ebene Schneedecke, wodurch sich auf selbiger der Halo als Kegelschnitt abbildet. Zu beachten ist, daß es sich dabei nur um einen einzelnen Kegel und nicht um einen Doppelkegel wie in der klassischen Kegelschnittgeometrie handelt. Die Halokurve muß dabei ein Hyperbelast sein, denn das Entstehen von Parabeln setzt gezwungenermaßen voraus, daß einer der Strahlen des Strahlenpaares, das den Kegel in der x,z-Ebene darstellt, parallel zur x-Achse liegt. Dies ist nur möglich, wenn der Kegel die Schneedecke gar nicht schneidet (höchstes für [hB]=0 berührt) oder wenn die Sonne mit dem halben Öffnungswinkel alpha des Kegels unter dem Horizont steht, wobei natürlich kein Licht mehr auf die Schneedecke fällt. Für Ellipsen müßte sie sogar noch tiefer stehen, damit auch der zweite Strahl die x-Achse schneidet und eine geschlossene Kurve entsteht. Lediglich bei einer Augenhöhe von 0 kann sich das Schnittbild als Gerade bzw. Geradenpaar präsentieren. In der Projektion sieht aber das Auge die Kante der Kristallfläche, und damit als Schneedeckenhalo nur einen oder zwei leuchtende Punkte anstatt eines Ringes. Tatsächlich müssen die Halos aus der Perspekte des Beobachters immer Kreise sein, denn das Auge empfängt Licht aus einem Kegelmantel. Weil das Auge die Kegelspitze ist, ist der Halo unabhänhig von seiner Entfernung immer gleich groß (gleicher Winkelabstand zur Sonne), und das hilft auch, wenn sich die Entfernung innerhalb des Halos ändert, wie es beim Hyperblast der Fall ist.

[Formeln]

Wie der Zeichnung entnommen werden kann, wird eine neue Achse x' festgelegt. Mit dieser wird der Kegelradius r bestimmt und gleichzeitig die Distanz zur x- Achse senkrecht zu x' berechnet. Da die neue Achsenfestlegung einer Drehung des Koordinatensystems entspricht, wobei y auf sich selbst abgebildet wurde, kann y auch mit den neuen Koordinaten unmittelbar bestimmt werden. Dabei macht man sich die Kreisförmigkeit des Kegelquerschnittes zunutze und ermittelt das Quadrat von y aus dem Phythagorassatz. Zu beachten ist, daß es für y zwei symmetrische Lösungen gibt und sich der Haloschnitt deswegen nicht als Funktion darstellen läßt. Außerdem geht daraus eine Symmetrie zur x-Achse und damit in Winkelkoordinaten zum Höhenkreis des Azimutes 0 ("Nullmeridian") hervor.

Zwischen x und x' besteht die folgende Beziehung:

[Formel 14]

Als endgültige Gleichungen für die Schneedeckenhalos gelten:

[Formeln 15 und 16]

Da das angewandte Verfahren auch zur Beschreibung von Schnittkurven anderer Rotationskörper (kreisförmiger Querschnitt) geeignet ist, wurde in (15.) der Ausdruck für r noch nicht eingesetzt. Diese Formel wird bei der Berechnung von Schneedeckenhalos der Lampe eine Rolle spielen.

Für ein x, das gegen unendlich geht, entsteht ein ebensolches y. Das ist aber beim Quotienten y / x keinesfalls so. Er nähert sich einem bestimmten Wert, was durch Umformung von y / x bewiesen werden kann (dabei fallen alle Summanden heraus, bei denen die Potenz von x im Nenner größer ist). Weil y / x aber den Azimut repräsentiert, der bei unendlichen x (phi=0), Fluchtpunkteigenschaften) mit dem Zentralwinkel identisch ist, entspricht das Ergebnis der Rechnung dem Halbwinkel, den der Halo am Horizont erreicht (maximale Ausdehnung). Wegen der Symmetrie ist er noch zu verdoppeln, um die tatsächliche Ausdehnung zu erhalten.

[Formel 17]

Außerdem kann noch die Entfernung des nahesten Halopunktes (Nullstelle der Halofunktion, unter der man die eindeutige Berechnungsvorschrift für [y2] versteht) wie folgt berechnet:

[Formel 18]

4. Schneedeckenhalos unterhalb irdischer Lichtquellen

Damit nun zum eigentlichen Kern der Berechnungen, nämlich zur Beschreibung der Schneedeckenhalos unterhalb irdischer Lichtquellen. Zunächst einmal ist es notwendig, wieder einmal eine Funktion für [yB] aufzustellen. Die kann mit (15.) geschehen, jedoch ost die veränderte Berechnung des Rotationskörperradius zu berücksichtigen.

[Formeln]

Aus der Abbildung entnimmt man den Radius des Rotationskörpers an der Stelle x' auf der Rotationsachse zu:

[Formel 19]

Dies wird für r eingesetzt, wobei gleichzeitig die Transformation zu x durchgeführt wird:

[Formel 20]

Der Tangens der Höhe der Lichtquelle ist der Höhenunterschied zwischen Lampenhöhe ([hL]) und Augenhöhe ([hB]) durch die Entfernung der Fußpunkte (e).

[Formel 21]

Wie auch beim Sonnenhalo gilt, daß die Lampenhöhe im Bereich zwischen [alpha] und -[alpha] (wobei man darunter verallgemeinert die Minimalablenkung versteht) liegen muß. Dies ist aber nur eine notwendige Bedingung, denn zur genauen Beantwortung der Frage nach dem Entstehen eines Schneedeckenhalos gehört die Berechnung der Nullstellen der Halofunktion bzw. die Berechnung des nehesten und entferntesten Halopunktes. Dies geschieht, indem man den unteren Kreisbogen des in der x,z-Ebene geschnittenen Körpers zu einem vollständigen Kreis ergänzt. Dann kann man die Lage seines Mittelpunktes und daraus die Laage der Schnittpunkte mit der x-Achse bestimmen, die symmetrisch zum x-Wert des Mittelpunktes liegen und die Nullstellen der Halofunktion darstellen. Aus dieser quatratischen Gleichung erhält man die Diskriminate D:

[Formel 22]

Für ein D>0 existieren zwei Schnittpunkte und damit ein Haloring, andernfalls entsteht kein Schneedeckenhalo. Werden Augenhöhe und Lampenhöhe um jeweils denselben Betrag vergrößert, dann läuft der Ring bei der x-Koordinate des Mittelpunktes zusammen, da D und damit der Abstand der Nullstellen immer kleiner wird. Diese Koordinate ist aber nicht identisch mit dem x-Wert, bei dem das maximale [y2] erreicht wird, also wo die Halokurve am breitesten ist. Dieser liegt für von 0 verschiedene Lampenhöhen nämlich nicht in der Mitte der Nullstellen a und b.

[Formel 23]

Aus den Nullstellen kann recht einfach der vertikale Durchmesser gamma des Halos in der Projektion bestimmt werden. Dazu werden einfach die Höhen der Nullstellen subtrahiert. Wegen der Messung entlang von Großkreisenwird auch die tatsächliche Winkeldifferenz ermittelt.

[Formel 24]

Schwieriger ist die Bestimmung des horizontalen Durchmessers [epsilon max]. Dabei muß zunächst eine Funktion bestimmt werden, die für jedes x die Ausdehnung des Halos im Winkelmaß angibt. Dafür gilt:

[Formel 25]

Es ist zu beachten, daß der horizontale Durchmesser auch entlang von Großkreisen zu messen ist. Da man die Ausdehnung y durch die Entfernung zum entsprechenden x-Wert bei y=0 teilt, wird praktisch eine Winkelmessung entlang der geraden Gitternetzlinie für dieses x vorgenommen und damit entlang eines Großkreises gemessen. Das Maximum dieser horizontalen Sehnen kann recht genau über die Berechnung der Nullstelle der Ableitung von (25.) bestimmt werden, wie dies im Programm geschieht. Da keine geschlossene Berechnung möglich ist, benutzt der Computer eine Form von Intervallschachtelung, die sich an die Regula falsi anlehnt. Zunächst einmal kann (25.) so umgeformt werden, daß die Wurzel über das gesammte Argument des Arkustangens geht und im Zähler das Quadrat von y steht. Daraufhin kann man zur Vereinfachung der Nullstellenberechnung der Ableitung den Faktor 2, den Arkustangens und die Wurzel weglassen, da diese monoton steigenden Funktionen den x- Wert der Nullstelle nicht verändern. Schließlich benutzt man unter Verwendung von (20.) die Quotientenregel. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden einige Terme substituiert:

[Formeln]

Daraus enthält man die Halofunktion und ihre Ableitung zu:

[Formel 26]

horizontale Sehnen:

[Formel]

wird reduziert auf:

[Formel 27]

(gleiche Nullstellen der Ableitung)

[Formel 28]

Aus [Formel] wird [xmax] iterativ berechnet, daraus dann [epsilonmax].

5. Die Unterlampe (Spiegelbild der Lampe auf horizontalen Kristallflächen)

Dieser Abschnitt und die folgenden stellen Mittel zur Berechnung von anderen theoretisch möglichen Haloerscheinungen im Eisnebel und auf einer Schneedecke vor. Die erste dieser Erscheinungen ist die der Untersonne entsprechende (sinngemäß Unterlampe). Sie konnte noch nicht von uns beobachtet werden. Allerdings beschreibt sie Minnaert in seinem Buch (Kapitel 26) in Verbindung mit Lichtbahnen auf dem Schnee. Diese Lichtbahnen stellen wegen ihrer Verwandtschaft mit den Lichtsäulen auch Haloerscheinungen auf der Schneedecke dar! Sie entstehen durch Kristallflächen, die nicht exakt horizontal ausgerichtet sind. Sofern keine seitlichen Drehungen der Flächen vorkommen, liegen die Bahnen immer auf der x-Achse, wie auch die Unterlampe. Deren Berechnung fußt auf eine Hilfsfigur (Ellipse). Die Ellipse wird in einem Schnitt in der x,z-Ebene so festgelegt, daß Beobachterauge und Lichtquelle ihre Brennpunkte sind und sie die x-Achse berührt. Das Ganze geschieht deshalb weil bei Ellipsen die Verbindungslinien von den Brennpunkten zum Berührungspunkt einer Tangente den gleichen Winkel mit ihr bilden. Die Forderung nach Gleichheit der beiden Winkel ergibt sich aus dem Reflexionsgesetz. Bei der Untersonne dagegen ist es ganz einfach, da sich aus dem parallelen Strahlenverlauf sofort ergibt, daß sie mit der Höhe der Sonne unter dem Horizont steht.

Wichtige Bestimmungsgröße der Ellipse sind folgende:

Mittelpunkt: [Formel]

Tangente: x-Achse

Berührungspunkt der Tangente: [Formel]

Neigung der Hauptachse: [Formel]

lineare Exzentrizität: [Formel]

Diese Angaben reichen zur eindeutigen Konstruktion der Ellipse bzw- deren Berechnung noch nicht aus, da wenigstens eine der Achsen bzw. Halbachsen bekannt sein muß. Hier hilft eine Aussage aus "Algebra und Geometrie" weiter, die besagt, daß das Produkt der Abstände der Brennpunkte an der Tangente (also Augenhöhe und Lampenhöhe) gleich dem Quadrat der kleinen Halbachse ist.

Die folgende Abbildung stellt die Ellipse in einem gedrehten Koordinatensystem dar. Darin läßt sie sich mit der allgemeinen Ellipsengleichung beschreiben (Symmetrieachsen parallel zu Koordinatenachsen). Dafür werden mit den Gleichungen zur Koordinatentransformation die Mittelpunktkoordinaten berechnet und die kleine Halbachse aus Augen- und Beobachterhöhe bestimmt. Abschließend erhält man die große Halbachse aus linearer Exzentrizität und kleiner Halbachse mit dem Pythagorassatz. Von der Ellipsengleichung in gedrehten Koordinaten bestimmt man jene in den ursprünglichen. Davon berechnet man die Nullstelle (nur eine Lösung wegen Eindeutigkeit). Den sehr umfangreichen Ausdruck kann man noch extrem vereinfachen.

Letztendlich erhält man für den x-Wert der Unterlampe und ihrer Höhe unter dem Horizont:

[Formeln 29 und 30]

Die Gleichung (30.) sagt darüber hinaus auch aus, daß sich für eine große Entfernung der Lichtquelle die Höhe der Unterlampe mehr und mehr dem negativen Wert der Lichtquellenhöhe nähert, bis beide bei unendlicher Entfernung übereinstimmen (wie Untersonne).

6. Die Nebenlampen

Nach bisherigem Kenntnisstand können Nebenlampen nur im Eisnebel auftreten, da sie auf dem Azimutalkreis der Lampe liegen (gleiche Höhe) und nie die Schneedecke erreichen. Außerdem müssen die Kristalle des Eisnebels plättchenförmig sein und mit den Deckflächen in horizontaler Lage stabil schweben. Sie werden wahrscheinlich durch zwei Kreisbögen beschrieben, die Teil eines Spindelkörpers mit größerem oder gleichem Ablenkungswinkel wie der für den entsprechenden Halo sind (berechenbares Abrücken der Nebensonnen). Sie umspannen wie Faßbänder den eigentlichen Spindelkörper und liegen auf dem Kegel der den Azimutalkreis der Lampe im Raum darstellt (Kleinkreis, Ausnahme Horizont). Aus der Perspektive des Beobachters sind dann zwei seitlich auf die Lichtquelle zulaufende Streifen sichtbar, deren Helligkeitsmaximum am Streifenanfang erreicht wird. Möglicherweise existieren noch bessere Beschreibungsmodelle.

7. Die Gegenlampen und der Horizontalkreis einer Lampe

Beide Erscheinungen setzen Eiskristalle mit senkrechten Flachen voraus. Die Fläche des Horizontalkreises im Raum ist sehr kompliziert zu beschreiben, zumal sie keine um die z-Achse rotierende Figur darstellt, wie der Horizontalkreis der Sonne (Kegel mit Spitze im Beobachterauge, Kleinkreis im Raum). Ein Horizontalkreis an einer Lampe wurde bereits von Minnaert beschrieben (Kapitel 175), und zwar in Verbindung mit einer Lichtsäule.

Die Gegenlampen dagegen lassen sich relativ einfach durch einen Schnitt in der x,z-Ebene darstellen, da ja die räumliche Ausprägung des Phänomens, der Beobachter und die Lampe in dieser Ebene liegen. Grundsätzlich kann man an das Problem ähnlich wie an die Unterlampe herantreten, jedoch ist die Tangente nicht länger die x-Achse, sondern eine Parallele zur z- Achse im Raum. Deren Entfernung ist beliebig, da der ganze Raum mit Kristallen angefüllt ist. Andererseits jedoch bleiben Mittelpunkt und Brennpunkte der Ellipse erhalten.

Zur Berechnung verändert man schrittweise den Abstand der Tangente (x-Wert des spiegelnden Kristalls) und bestimmt den z-Wert des Kristalls durch Ermitteln des Ellipsenpunktes mit senkrechter Tangente. Das Ergebnis ist überraschend. Nicht nur im Bereich der negativen x-Achse treten Spiegelungen auf, sondern auch hinter der Lampe (deswegen die Pluralform des Begriffs Gegenlampe). Die Kurven im Raum, die die Positionen der spiegelnden Kristalle angeben, sind Hyperbelabschnitte (im Sinne von Antiproportionalitäten). Deren waagerechte Asymptote ist die Gerade durch den Mittelpunkt der Strecke vom Beobachter zur Lampe parallel zur x-Achse. Durch Ableiten kann bewiesen werden, daß die Gegenlampe hinter dem Betrachter in dessen unmittelbaren Nähe mit dem Winkel delta über dem Horizont steht. Daraus laßt sich erklären, warum die Gegensonne eine Gerade im Raum ist. Ähnlich wie bei den ringförmigen Halos spielt hier nur der unmittelbar nächste Abschnitt eine Rolle. Weil hinter der Sonne keine Eiskristalle auftreten, fällt die zweite Gegenlampe weg. Zur Berechnung beider gilt:

[Formel 31]

Zu beachten ist dabei die streng mathematische Vorzeichenregelung, d.h die x-Werte der einen Gegenlampe sind alle negativ, die der anderen stets positiv und größer als e.

Die bei bestimmten Parametern auftretenden Sonderfälle werden beim Horizontalkreis näher erklärt.

Bei der Berechnung des Horizontalkreises reicht es nicht aus, nur Ellipsen zu betrachten, man muß vielmehr Rotationsellipsoide ("...Eier") zur Berechnung benutzen. Von diesen Körpern sind aber nur die Brennpunkte und der Mittelpunkt bekannt. Zur Problemlösung zieht man einen Parameter [x1] heran, der die Ellipsoidform bestimmt. Aus der nun bekannten Ellipsoidgleichung berechnet man eine Schnittkurve, die von allen Punkten des Ellipsoids mit senkrechter Tangente gebildet wird. Die Punkte der Schnittkurve liegen dann mit Sicherheit auf dem Horizontalkreis. Über Veränderung des Parameters können nach und nach alle Punkte erfaßt werden.

Verbindet man die Berührungspunkte senkrechter Tangenten in der x,z-Ebene durch eine Gerade, so erhält man die Abbildung der gesuchten Schnittkurve in dieser Ebene, d.h. von weit entfernt auf der y-Achse stehend sieht man die Kante dieser Kurve, die schräg in einer Ebene im Raum liegt. Als Parameter wird die (negative) x-Koordinate des äußersten Berührpunktes benutzt, d.h. die Angabe, wie weit das Ellipsoid in den negativen Bereich reicht. Die z-Koordinate des Punktes laßt sich nach der Gegenlampenformel berechnen, schließlich erhält man folgende Geradengleichung für die Kante der Schnittkurve:

[Formel 32]

Kennt man den Parameter [x1]<0 und den x-Wert eines beliebigen Horizontalkreispunktes, kann somit z ausgerechnet werden. Durch Berechnung der Ellipsoidachsen aus dem Parameter mit einem ähnlichen Verfahren, wie es bei der Unterlampe benutzt wurde (Produkt der Tangentabstände der Brennpunkte = kleine Halbachse hoch 2) und unter Berücksichtigung des kreisförmigen Ellipsoidquerschnitts erhält man als Berechnungsmöglichkeit für y:

[Formeln 33, 34 und 35]

(z wird mit (32 ) bestimmt)

Die Wahl eines Parameters in regelmäßigen Schritten hat den Nachteil, daß keine gleichmäßige Verteilung von Punkten im Raum erreicht wird. Dies ist von Nachteil, wenn ein Horizontalkreis aus der Beobachterperspektive dargestellt werden soll, um Aussagen über Lichtkonzentrationen o.ä. zu erhalten. Deswegen werden x und y folgendermaßen ersetzt:

[Formeln 36 und 37]

l bezeichnet dabei die Entfernung zu einem Punkt im Raum, die in der x,y-Ebene gemessen wird. phi stellt den bereits erklärten Azimut dar. Nun kann aus (35.) [x1] iterativ berechnet werden, worauf dann eine Bestimmung der dritten Koordinate z mit (32.) möglich ist.

Der Horizontalkreis nähert sich nach allen Seiten asymptotisch der Ebene durch den Mittelpunkt der Strecke Beobachter - Lampe parallel zur x,y-Ebene von oben bzw. von unten. Bestimmte Punkte (auf der Geraden parallel zur x,y-Ebene und y,z-Ebene durch den erwähnten Mittelpunkt) oder die Sonderfälle (s.u.) liegen bereits auf dieser Ebene.

In unmittelbarer Nähe zum Beobachter entspricht der Horizontalkreis einem Kegel mit der Rotationsachse z (Bsp. Sonne). In größerem Maßstab besitzt der Horizontalkreis nur zwei symmetrische Hälften (Symmemetrieebene x,z) und ähnelt einem verbogenen Kegel mit einer Spitze (Lampe). Aus der Sicht des Beobachters ist die größte Lichtkonzentration am Horizont zu sehen (große Entfernungen der Kristalle), sowie eine geringere auf dem Azimutalkreis der Lampe in ihrer Nähe. Allerdings erhält man andere Resultate, wenn die Entferung des Kristalls berücksichtigt wird. Hierfür berechnet man die Länge des Lichtweges als Summe der Entfernungen des Kristalls von Beobachter und Lampe. Als Einheit benutzt man die Entfernung zwischen Beobachter und Lampe (aus e und delta zu berechnen), also den direkten Lichtweg. Da nun das Licht mit dem Quadrat des Abstandes schwächer wird, ist vom erhaltenen Ergebnis der Kehrwert und das Quadrat zu bilden. Die entstandene Zahl ist kIeiner als 1 und kann als Reflexionswahrscheinlichkeit aufgefaßt werden. Durch Vergleich mit einer ZufallszahI würde ein entsprechendes Simulationsprogramm entscheiden, ob der Kristall als Punkt dargestellt wird oder entfällt.

Schließlich sollen noch einige Sonderfälle erwähnt werden:

Gleiche Höhe von Beobachter und Lichtquelle: Der Horizontalkreis ist eben und entspricht dem Horizont.

Lampe direkt über / unter Beobachter: Die Kristalle liegen ebenfalls in einer Ebene durch den erwähnten Mittelpunkt. Zu sehen ist eine gleichmäßige Lichtkonzentration zum Horizont hin.

Draufsicht auf eine Horitontalkreisfläche im Raum mit den Parametern: [Parameter]

Simulation in äquidistanter Projektion entstanden durch zufällige Wahl von phi und l im Bereich von 0,15m<l/lt;30m an 15000 Strahlen ohne und mit Berücksichtigung der quadratischen Intensitätsabnahme mit der Entfernung.

8. Erklärungsmodell für Regenbögen an irdischen Lichtquellen

Auch Regenbögen können durch irdische Lichtquellen verursacht werden (z.B mit Gartenschlauch oder als Nebelbogen). Da die auf die Lichtquelle bezogenen Ablenkungswinkel 138° (Hauptbogen) bzw 129° (Nebenbogen) betragen, ähneln die entsprechenden Modelle Ringwülsten bzw. Äpfeln. Ihr Schnitt mit dem Untergrund als Taubogen kann noch vielfältigere Formen annehmen als bei den Schneedeckenhalos. Sie lassen sich auch ähnlich berechnen, wenn die veränderte und teilweise doppeldeutige Festlegung des Rotationskarperradius beachtet wird. Insbesondere an diesem Beispiel laßt sich die Bedeutung von Lichtkonzentrationen belegen, denn ein Nebelbogen bleibt auch in diesem Fall ein Ring, was daran liegt, daß am kegelförmige Ende viele Tropfen hintereinander zu sehen sind (geringe Abweichungen vom einbeschriebenen Kegel). Die eigentliche Wulst im Raum ist nicht sichtbar.

Rotationskörper in "Apfelform" (Ringwulst. zur Darstellung teilweise aufgeschnitten)

Übersicht Haloerscheinungen

© AKM e.V. 1999